Die Angst vor einer Isolation des Londoner Bankenzentrums hat nach dem Brexit-Votum vom 23. Juni eine Kapitalflucht aus Großbritannien in Richtung Frankfurt, Zürich und New York ausgelöst. Die Folge: Das Pfund fiel gegenüber dem US-Dollar auf den tiefsten Stand seit 1985, und die Renditen zehnjähriger deutscher Bundesanleihen wurden deutlich negativ. Die Nachfrage nach festverzinslichen Euro-Veranlagungen ist so stark, dass sie das Zinsgefüge weiter nach unten drückt. Dies zeigt auch der aktuelle Kredit-Indikator von Infina.

Bis 1. Juli brach der für zehnjährige Fixzinsbindungen relevante Zehnjahres-Euro-Swapzinssatz von 0,54 auf 0,34 Prozent ein, während sich der Dreimonats-Euribor im gleichen Zeitraum von minus 0,245 Prozent weiter auf minus 0,29 Prozent reduzierte. "Diese Reduktion ermöglichte in der Marktstichprobe – unter Annahme einer Weitergabe von Negativzinsen – eine Verbilligung des Nominalzinses um weitere 5,5 Basispunkte auf ein historisch niedriges Niveau von 1,158 Prozent", heißt es in einer aktuellen Aussendung des Kreditmaklers. 

Die günstigeren Konditionen bei Neuabschlüssen seien allerdings nicht zur Gänze an die Kreditnehmer weitergegeben worden. Bei Infina sieht man deshalb im dritten Quartal noch einen gewissen Spielraum nach unten. Im Vorquartal ging der durchschnittliche Nominalzins für zehnjährige Fixzinsbindungen im Rahmen der Marktstichprobe um 13,5 Basispunkte auf gut zwei Prozent zurück. 

Variable Kreditzinsen für unter ein Prozent Zinsen zu haben
Bei variablen Krediten besteht aktuell eine Aufschlags-Differenz zwischen dem teuersten und günstigsten Institut von einem Prozent per annum. "Über die Vertragslaufzeit ist dies eine große Differenz! Bei einem Pauschalratenkredit von 200.000 Euro wären dies auf eine Laufzeit von 25 Jahren bereits Zinskostenunterschiede von 27.593,19 Euro", rechnet der Kreditmakler vor.

Bei guter Bonität am Markt seien nach wie vor variable Wohnkreditzinsen von knapp unter einem Prozent möglich, zehnjährige Fixzinsbindungen sind für nominell 1,25 bis 1,50 Prozent per annum zu haben. Aber auch die langen Zinsbindungen würden attraktiver: "Ausgewählte Kreditinstitute gewähren bei Bestbonität und einer Fixzinsbindung auf 15 Jahre zwischen 1,50 und 1,70 Prozent per annum nominell. 20-jährige (nominelle) Fixzinsen sind (regionsabhängig) bereits ab gut zwei Prozent per annum erhältlich", heißt es weiter.

Weitere Zinsrückgänge im Brexit-Fall möglich
Summa summarum sei die Attraktivität von Fixzinsen für Kreditnehmer weiter angestiegen. "Dies liegt insbesondere auch daran, dass viele Kreditinstitute negative Indikatorzinsen noch nicht an Kreditnehmer weitergeben. Damit wird die durch das Kreditinstitut verrechnete Kreditmarge bei einem variablen Zins zu einer Mindestmarge, während die Konditionen bei Fixzinskrediten mit den sinkenden Swapsätzen tiefer werden und sich den variablen Nominalzinsen immer stärker annähern!"

Spannend werden laut den Kreditexperten von Infina die nächsten Monate: "Wird der Brexit tatsächlich politisch umgesetzt, dann zeichnen sich weitere Zinsrückgänge ab. Im Falle eines Abbruchs droht hingegen eine kräftige Gegenbewegung an der Zinsfront, die dann vor allem bei Fixzinsbindungen eine Konditionsverschlechterung bedeuten würde." (dw)