Jubelmeldungen von der Wall Street: Der US-Aktienmarkt erklimmt derzeit fast täglich neue Höchststände. Der deutsche Aktienindex Dax dagegen mag nicht so recht in Fahrt kommen. Von seinem Hoch im April 2015 ist er noch immer satte 600 Punkte entfernt.

Das liegt vor allem daran, dass eine wichtige Branche im Index kaum vertreten ist, schreibt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ): die Technologie- und Internetbranche. Der Höhenflug in den USA ist nämlich vor allem Apple und Alphabet (ehemals Google) zu verdanken. Auch Microsoft, Amazon und Facebook treiben den US-Aktienmarkt Stück um Stück nach oben.

Im Dax ist dagegen die Autoindustrie stark vertreten. Sie steht für 40 Prozent der Umsätze der Dax-Konzerne und für ein Drittel der Gewinne. "Wenn eine solche Branche in der Gunst der Anleger nicht wohlgelitten ist, bremst das den Index ungemein", so Andreas Hürkamp, Aktienstratege der Commerzbank, gegenüber der FAZ. Sein Urteil: "Zu viel Autos, zu wenig Technologie." Beim Dax-Rekord im April 2015 wiesen Autoaktien ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von zwölf auf. Heute liegt ihr KGV nur noch bei neun. "Das erklärt das ganze Problem im Dax", so Hürkamp.

Zykliker haben Ende der Fahnenstange erreicht
Der VW-Skandal, die Furcht vor US-Strafzöllen und die Umstellung auf Elektromobilität sorgen bei Autoanlegern und -managern für gedämpfte Stimmung. Das dürfte sich so bald nicht ändern, schätzt Hürkamp. Nicht einmal Übernahmefantasien nach Gesprächen zwischen General Motors und Peugeot konnten den Titeln von Branchennachbarn wie BMW oder Daimler Schwung verleihen.

Deutschland-Anleger konzentrieren sich derzeit auf andere Aktien, etwa von BASF, Siemens oder SAP. Diese sind mit KGVs von 17 bis 20 mittlerweile allerdings fast schon luxuriös bewertet. Die deutschen Zykliker haben nach Einschätzung des Commerzbank-Strategen nicht mehr viel Luft nach oben. Hürkamps 2017er Jahresziel von 11.700 Punkten hat der Dax bereits erreicht. "Bei mehr als 12.000 Punkten wird die Luft langsam dünn", so der Stratege.

Sein Zunftkollege Wolfgang Albrecht sieht das ähnlich: "Der Dax ist weit vorangekommen und hat sein Potential auf dem aktuellen Niveau nahezu ausgereizt“, sagt der Aktienstratege der LBBW. Trotz guter Quartalszahlen und einem insgesamt stimmigen Konjunkturbild seien die Aktienkurse der 30 Dax-Stammspieler schon über ihren fairen Wert hinaus gestiegen. Ein Grund auch hier: die dominanten Fahrzeughersteller. Die Gewinne der Autowerte würden durch hohe Investitionen in Elektroautos belastet, meint Albrecht.

Die Bewertung des amerikanischen Aktienmarktes hält der LBBW-Fachmann übrigens ebenfalls für korrekturbedürftig. "Da werden zu viele phänomenale Steuersenkungen eingepreist.“ (fp/ps)