"Wir beobachten schon seit einigen Monaten, dass die Nachfrage nach Immobilien von einem unglaublich hohen Niveau zurückgeht und das Angebot steigt“, erklärt Bernhard Reikersdorfer, Geschäftsführer von Remax Austria: "Eine Trendwende zeichnet sich ab."

Der Markt beginnt sich zu drehen
74.258 Verbücherungen im ersten Halbjahr 2022 sind nach den Remax-Analysen um 2.331 weniger als 2021, ein Minus von drei Prozent. Aber es sind um 10,3 Prozent mehr als 2020, um 15,7 Prozent mehr als 2019 und das Doppelte von 2013. Mit 21,73 Milliarden Euro wurde im ersten Halbjahr 2022 erstmals die 20-Milliarden-Euro-Hürde im Bereich des Transaktionswerts genommen und gleichzeitig wurden 2,12 Milliarden Euro, also 10,8 Prozent, draufgesetzt. "Der Zuwachs wurde vor allem von Wien und der Steiermark, aber auch von Ober- und Niederösterreich mitgetragen. Damit hat sich der Immobilienhandelsumsatz im ersten Halbjahr seit 2019 und 2020 um ein Drittel erhöht und gegenüber 2015 und davor mehr als verdoppelt", ordnet Reikersdorfer die Zahlen ein.

Änderungen für Interessenten und Käufer
Aufgrund der Dauer eines Immobilienkaufes von der ersten Besichtigung bis zur vollständigen Verbücherung im Grundbuch beinhalten diese Zahlen auch noch Effekte aus dem Jahr 2021 und der Zeit vor dem 24. Februar 2022, dem Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine. "Mittlerweile treibt die Inflation – zuerst über das Material und jetzt über das Personal – die Neubaukosten und nagt jetzt auch heftig am angesparten Eigenkapital für Neuanschaffungen", analysiert Anton Nenning, Remax-Austria-Experte. "Damit sind viele Finanzierungen, die noch vor einem Jahr problemlos und günstig abgewickelt werden konnten, plötzlich ein Fall für ausgesuchte Experten, die auch in kniffligen Situationen noch einen Weg finden. Für viele bedeutet das aber auch schlichtweg einen Projektstopp."

Markt funktioniert
Warum der Immobilienmarkt dennoch weiterhin gut funktioniert, erklärt Reikersdorfer: "Viele Grundstückskäufer, die den Traum hatten, einen Neubau zu errichten, orientieren sich – aufgrund der massiv gestiegenen Baukosten beziehungsweise der Tatsache, dass sie dafür keine Finanzierung mehr bekommen – neu. Der Markt für gebrauchte und damit wesentlich günstigere Einfamilienhäuser rückt in dieser Zielgruppe vermehrt in den Fokus. Weiters gibt es noch immer eine Vielzahl von Anlegern, die ihr Geld zwar mit geringerer Rendite, aber zumindest inflationssicher parken wollen. Es hat sich auch gezeigt, dass viele Verkäufer – in erster Linie Erben, die in den letzten Monaten noch zugewartet und auf steigende Preise gehofft haben – ihre Immobilie jetzt auf den Markt bringen. Sie investieren ihr Geld in ihre eigene Wohn- und Lebenssituation, solange es noch so viel wert ist wie jetzt." (gp)