Das Inflationsgespenst verschreckt dieser Tage einige Anleger und Verbraucher. Die vorläufigen Zahlen für August zeigen einen Anstieg der Verbraucherpreise im Euroraum von drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr – der höchste Wert seit 2011. Doch der Anstieg ist kein Grund zur Panik, sagt Thomas Grüner, Gründer der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. "Aktuelle Engpässe implizieren nicht, dass die Preise Monat für Monat ansteigen,“ sagt Grüner. 

Lieferkettenprobleme würden unter Umständen zwar den Geldbeutel belasten, aber sie qualifizieren sich laut dem Marktexperten nicht als 'echte Inflation'. "Eine breit angelegte Inflation beeinflusst die Preisbildung in der gesamten Wirtschaft und trifft Güter und Dienstleistungen gleichermaßen“, erklärt Grüner. Preise würden über einen langen Zeitraum stetig in die Höhe getrieben – wie in den 1970er Jahren. Diesen Zustand könnte eine Zentralbank mit ihrer Geldpolitik bekämpfen – es läge allerdings nicht in der Macht einer Zentralbank, temporäre Verzerrungen des Verbraucherpreisindex zu verhindern. 

Fallbeispiel Halbleitermangel
Als Beispiel nennt Grüner die Autoindustrie, deren Unternehmen der Halbleitermangel teils einen zweistelligen prozentualen Rückgang bei den Neuwagenauslieferungen bereitet hat. Würde sich die Produktion in den nächsten ein oder zwei Jahren auf einem relativ konstanten Niveau bewegen, könnten in der Zwischenzeit neue Halbleiter-Produktionsstätten entstehen und das globale Angebot somit ausweiten, erklärt der Vermögensprofi. Diese Entwicklung würde demnach keinen exponentiellen Preisanstieg nach sich ziehen, sondern die Lieferengpässe als Einmaleffekte entlarven. (fp)