Nun ist es quasi offiziell: Das National Bureau of Economic Research (NBER), eines der einflussreichsten Wirtschaftsforschungsinstitute der USA, hat die Rezession im Land für beendet erklärt. Das dürfte für die meisten Anleger keine Überraschung sein, sagt Thomas Grüner, Gründer des Vermögensverwalters Grüner Fisher. Schließlich haben sich die Aktienmärkte bereits erstaunlich gut erholt. Viel interessanter sei die Dauer der Rezession, die das NBER jetzt nachträglich festgelegt hat: So endete sie bereits im April 2020.

Die Rezession im vergangenen Jahr ist damit eine der kürzesten aller Zeiten. Das ist im Prinzip eine gute Nachricht, trotzdem hat Vermögensprofi Grüner ein paar Bedenken. Anders als nach längeren Rezessionen kam es diesmal beispielsweise nicht zu einer Neuorientierung der Wirtschaft. Weil die Talfahrt derart kurz war, arbeiten Unternehmen vielmehr im selben Modus weiter wie vor der Krise. "Der Marktzyklus wurde nicht beendet, wir befinden uns im späten Bullenmarkt, und wachstumsorientierte Aktien haben gute Perspektiven", sagt Grüner. 

Anleger sollten nie in den Rückspiegel blicken 
Anleger sind gut beraten, nicht auf eine offizielle Bestätigung einer Rezession oder ihres Endes zu warten. Derartige Meldungen liefern nämlich keine lukrativen Erkenntnisgewinne, betont Grüner. Aktienmärkte funktionieren schließlich zukunftsgerichtet. Die Frage nach der Dauer einer Rezession ist dagegen ein Blick in den Rückspiegel. "Aktienmärkte preisen die fundamentalen Entwicklungen der kommenden 3 bis 30 Monate ein", sagt Grüner. "Statistikbüros und offizielle Quellen arbeiten tendenziell rückwärtsgerichtet und somit entgegen der Aktienmarktperspektive."  

So treten auch große konjunkturelle Talfahrten an der Börse in Form eines Bärenmarktes in der Regel vor oder spätestens zu Beginn eine Rezession auf. Danach ist das Thema für die Aktienmärkte durch. "Wer beispielsweise seine Aktienpositionen im Juni 2020 verkaufte, als die Rezession festgestellt wurde, tat dies, als die Rezession bereits beendet war." (fp)