Das Oberhaus des indischen Parlaments hat das lang erwartete und heiß diskutierte Mehrwertsteuergesetz verabschiedet. Die Reform wurde bereits im vergangenen Jahr vom Unterhaus auf den Weg gebracht, steckte dann aber ein Jahr lang im Oberhaus fest. Das neue Gesetz soll edas Durcheinander an unterschiedlichen zentralen, einzelstaatlichen, mehrstaatlichen und lokalen Steuersätzen durch eine einheitliche Steuer auf Güter und Dienstleistungen ersetzen. "Dadurch wird Indien ein großer, einheitlicher Markt", sagt Prashant Khemka, Fondsmanager bei Goldman Sachs Asset Management (GSAM).

Nach Einschätzung des GSAM-Experten handelt es sich bei der Mehrwertsteuerreform um das wichtigste Gesetzesvorhaben seit den Liberalisierungsreformen von 1991 und 1992. "Gegenwärtig kostet es Geschäftsleute in Indien einen beträchtlichen Teil ihrer produktiven Zeit, die verschiedenen Steuergesetze einzuhalten", erklärt er. "Sie sind nicht unbedingt kompliziert, werden aber oft willkürlich und eigenmächtig angewandt." Das hat dazu beigetragen, dass in Indien ein Umfeld der Unsicherheit und Ineffizienz entstehen konnte, in dem es schwierig ist, ein Unternehmen zu führen.

Business statt Steuerchaos
Durch die einheitliche Steuergesetzgebung dürfte es nun deutlich einfacher werden, in Indien Geschäfte zu betreiben. Die Reform beseitigt den Kaskadeneffekt der unterschiedlichen zentralen und einzelstaatlichen Steuern. Das reduziert die Steuerlast für Unternehmen und weitet die Steuerbasis aus. "Viele Unternehmen in derzeit schlecht organisierten Sektoren der Wirtschaft werden das Steuergesetz nun erstmals einhalten", sagt Khemka.

Diese Entwicklung dürfte Indiens Wettbewerbsfähigkeit stärken und seine Stellung im Welthandel verbessern. "Unternehmer und Firmen sollten künftig in der Lage sein, sich stärker auf die Steigerung ihrer Produktivität zu konzentrieren statt sich durch das Steuerwirrwarr kämpfen zu müssen", sagt Khemka. Er rechnet nicht damit, dass die Mehrwertsteuerreform auf einen Schlag alle Probleme des Landes löst. "Aber sie kann maßgeblich dazu beitragen, dass die Geschäftstätigkeit in Indien leichter wird, was auch das Wachstum und die Investitionen in die Wirtschaft beeinflussen dürfte." (fp)