Die aktuellen Entwicklungen in Indien können dem Rest der Welt als Warnung dienen – und sich auch auf den Goldmarkt auswirken, sagt Sönke Mißfeld vom Edelmetallhändler Ophirum. Indiens Regierung unter Premierminister Narendra Modi hatte am 8. November vergangenen Jahres etwa 88 Prozent des umlaufenden Bargeldwertes für ungültig erklärt – als Mittel zur Korruptionsbekämpfung und zur Auustrocknung der Schattenwirtschaft. Über Nacht und ohne Vorwarnung wurden die beiden größten Scheine – 500 und 1.000 Rupien – als Zahlungsmittel verbannt und ihre Annahme bis auf wenige kurzfristige Ausnahmen, wie beispielsweise in Krankenhäusern und Apotheken, unter Strafe gestellt. 

Folgen für die Bevölkerung katastrophal
Für die Bevölkerung sind die Folgen indes katastrophal. In einigen Teilen Indiens ist die Wirtschaft mangels gültiger Barmittel fast vollständig zum Erliegen gekommen. Für Besitzer von 500- und 1.000-Rupien-Scheinen, die den Umtausch nicht rechtzeitig bewerkstelligten, kommt die Bargeldreform zudem einer faktischen Enteignung gleich. "Das für langfristiges wirtschaftliches Planen und Investieren unabdingbare Vertrauen in die eigene Währung und die Regierung ist bis ins Mark erschüttert und es würde mich wundern, sollten die Inder jemals wieder in gleichem Maße auf Bargeld setzten, wie vor dieser Zäsur", sagt Mißfeld

Die erste Reaktion auf den Bargeldschock in Indien war ein wahrer Run auf Gold. Dieser war jedoch nur von kurzer Dauer, weil der Bevölkerung schlicht die Bargeldmittel zum Goldkauf fehlten. Der Staat hatte bereits vor einigen Jahren damit begonnen, dem stetig wachsenden "Gold-Durst" seiner Bevölkerung durch Importsteuern und -restriktionen entgegenzuwirken. Dennoch fehlen zum Vorjahr 200 bis 300 Tonnen indischer Goldnachfrage auf den Weltmärkten, was mit Sicherheit zu der schwachen Preisentwicklung im zweiten Halbjahr beigetragen hat. Ob sich diese Nachfrage nur aufgestaut hat und, bei einer Normalisierung der Verhältnisse, in 2017 sprunghaft zurückkehren wird, bleibt laut Mißfeld abzuwarten.

Europa ist nicht Indien, aber …
"Natürlich ist Indien nicht mit Europa vergleichbar, aber dennoch sollte uns die Plötzlichkeit und Tragweite solcher Gelreformen eine Warnung sein", sagt der Experte. Auch der Euro könnte schnell in eine Krise geraten, etwa bei einem Austritt Italiens aus der Währungszone. Das Beispiel Indien zeige, wie schnell Bargeldbestände nahezu wertlos werden können – und dass physisch verfügbares Gold und Silber jedoch immer einen Wert hätten. (fp)