Wer in Österreich in einer Bank oder Wertpapierfirma einen Entscheiderposten antreten will, wird von der Finanzmarktaufsicht FMA einer Prüfung unterzogen. Hintergrund sind unter anderem EU-Mindeststandards unter dem Schlagwort Fit & Proper. Seit rund fünf Jahren sind die Regeln in den Nationalstaaten anzuwenden. In Österreich werden sie so ausgelegt, dass die FMA nicht nur das bisherige persönliche oder geschäftliche Verhalten und die Qualifikationen eines Kandidaten durchleuchtet. Zusätzlich kann die betreffende Person zu einer Prüfung geladen werden, wenn ihre Fähigkeiten für den neuen Job nicht aus den Unterlagen hinreichend ersichtlich sind.

1.100 Geprüfte, aber nur wenige Interviewte
Der Test gilt als streng. Durchfaller gibt es dem Vernehmen nach immer wieder, auch wenn nicht kommuniziert wird, wie viele. 2016 wurden rund 200 Geschäftsführer und 900 Aufsichtsräte oder Vorsitzende der allgemeinen Prüfung unterzogen, heißt es bei der FMA. "Von diesen 1.100 Personen musste nur ein geringer Teil zum persönlichen Gespräch antreten", sagt Tiemon Kiesenhofer, Sprecher bei der FMA, zu FONDS professionell ONLINE. "Dass die Regeln überarbeitet werden, bedeutet nicht automatisch, dass das persönliche Interview strenger wird. Wir warten auf die konkreten Vorgaben. Wie das in Österreich ausgestaltet wird, dazu kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts gesagt werden", so Kiesenhofer.

Die europäische Bankenaufsicht EBA und die Wertpapierbehörde ESMA überarbeiten derzeit die bestehenden Richtlinien. Diese sollen bis Sommer 2017 implementiert werden, berichtet die Unternehmensberatung pwc. Die FMA müsste dann ihr bisheriges Fit & Proper-Rundschreiben anpassen. Bei der FMA sieht man hingegen 2018 als frühesten Zeitpunkt, bis etwaige Änderungen wirksam werden.

Vorabprüfung und Unabhängigkeit
Fest steht, dass EBA und ESMA in ihren Vorgaben einige Verschärfungen vornehmen wollen: Personen sollen nun schon umfassender geprüft werden, bevor sie den Job als Aufsichtsrat, Vorstand oder in einer anderen Schlüsselfunktion antreten können. Ein größeres Augenmerk wird unter anderem auf die Unabhängigkeit von Aufsichtsräten gelegt. Hier wollen die EU-Aufseher strenger sein, wenn die Geprüften früher im selben Unternehmen bereits Vorstand, Berater, Lieferanten oder ähnliches waren. Ebenfalls wird in den neuen Regelungen mehr Wert auf Diversivitätskriterien bei der Zusammenstellung der Geschäftsleitung gelegt (Bildung, Erfahrung, Alter, Geschlecht).

Besonders der Punkt Unabhängigkeit sorgt für Unmut in der Branche: In vielen Fällen müssten bei einer strengen Umsetzung zusätzliche Aufsichtsräte bestellt werden, die Personenbasis wird aber durch die Regeln kräftig beschnitten: "So soll etwa eine mehr als zwölfjährige Vorstandstätigkeit zum automatischen Verlust der Unabhängigkeit führen und somit einer Übernahme von späteren Aufsichtsratsmandaten entgegenstehen", heißt es bei pwc. Neu ist auch, dass konkret festgelegt wird, wie viele Jahre Erfahrung man für bestimmte Positionen vorweisen können muss (CEO zehn Jahre in der Branche, davon meist im oberen Management, Vorstandsmitglieder fünf Jahre).

Durchfallen und Spielräume
"Wir warten noch auf die genaue Umsetzung und die nationale Ausgestaltung. Aber die Erfahrung hat gezeigt, dass es in der Regel nicht leichter wird", sagt Lukas Röper, Partner bei pwc, zu FONDS professionell ONLINE.

Was das gefürchtete FMA-Interview betrifft, erklärt Röper: Durchfallen sei bei dem Test theoretisch einmal erlaubt. Beim zweiten Mal könnte die FMA eine Abberufung anordnen. Allerdings herrscht hier dem Vernehmen nach Spielraum. Zum Beispiel könnte die Behörde einen Termin auch als inoffizielles Gespräch werten und eine neue Prüfung ermöglichen.

Neue Regeln für Banken unter EZB-Kontrolle
Unmittelbar bevor steht auch eine Änderung bei der Geeignetenprüfung durch die EZB: "Die Europäische Zentralbank wird demnächst eine neue Guidance für die Geeignetenprüfung für die als signifikat eingestuften Banken herausgeben", sagt FMA-Sprecher Kiesenhofer. Hintergrund: Die EZB segnet seit 2014 bei den Banken, die ihrer Kontrolle unterstellt sind ("signifikante Banken") die Bestellung wichtiger Mitglieder ab. Unter anderem ist die Vorladung zum Interview ein mögliches Mittel um die Eignung festzustellen, wie auch dem angehängten Leitfaden entnommen werden kann. (eml)