Eine Meldung Ende des vergangenen Jahres ließ aufhorchen: Der norwegische Staatsfonds, der Milliarden an Pensionsgeldern für öffentliche Angestellte verwaltet, will künftig stärker in sogenannten Frontier Markets, also kleineren und vergleichsweise wenig entwickelten Schwellenländern, nach Renditechancen suchen. Diese sind aber nicht einfach zu finden. FONDS professionell ONLINE sprach mit Stefan Böttcher, Manager des Magna New Frontiers Fund, der über 25 Jahre Erfahrung mit Schwellen- und Grenzmärkten hat, über die Besonderheiten, die bei Investments in diesen Ländern zu beachten sind, und welche Chancen sie bieten.

Herr Böttcher, fangen wir mal ganz vorne an: Welche Länder zählen überhaupt zu den Frontier Markets?

Stefan Böttcher: Als Frontier Markets gelten alle Länder, die nicht im MSCI- Emerging-Market-Index aufgenommen sind. Aber auch kleinere Schwellenländer wie Ägypten werden dazu gezählt, sowie neuerdings auch wieder der Iran. Damit kommt man auf deutlich über rund 30 Staaten. Allerdings muss man als Anleger vorsichtig sein, diese Märkte sind keine geschlossene Asset Klasse.

Wie meinen Sie das?

Böttcher: Die Frontier Markets sind eine zusammengewürfelte Gruppe von Ländern, die außer Kapitalmarktkontrollen für ausländische Anleger, einer geringen Anzahl von liquiden Aktien, einer unzureichenden Infrastruktur für das  Settlement sowie einem hohem Wachstum und großer Konsumbereitschaft der Bewohner im Grunde fast nichts gemeinsam haben. Daher investiere ich auch nur in ausgewählte Unternehmen in einigen dieser Staaten.

Ihr Magna New Frontiers Fund ist in seiner Morningstar-Vergleichsgruppe sowohl über ein als auch über drei Jahre der beste Fonds. Irgendwas müssen Sie also richtig machen bei Ihrem Anlageprozess.

Böttcher: Stimmt. Unser Prozess ist zweigeteilt. Wir starten mit einer Top-Down-Analyse der Märkte und prüfen die politischen sowie die fiskalischen Risiken oder Währungsprobleme in einem Land. Daher finden Sie bei uns keine Unternehmen aus Simbabwe, da die politische Lage dort zu instabil ist, oder auch keine Firmen aus Saudi Arabien, da der Staat zu sehr bei bestimmten Firmen mitmischt. Danach folgt in den Ländern, die keine Risiken bergen, eine klassische Bottom-Up-Analyse gesondert nach den Aussichten für bestimmte Sektoren und Regionen. Dafür besuchen wir die Firmen auch oft vor Ort. Das wichtigste ist aber, was  ich Kapazitätsmanagement nennen.

Könnten Sie das erläutern?

Böttcher: Mein Team und ich fokussieren uns sehr darauf, dass die Titel liquide sind, damit wir sie notfalls schnell wieder abstoßen können.

Nach Ihrer Top-Down-Analyse, haben Sie aktuell einige "Länder-Favoriten"?

Böttcher: Wir favorisieren momentan Länder die sich in einem Öffnungsprozess befinden. Dazu gehören unter anderem Vietnam, Argentinien, Pakistan und Rumänien. Wir erwarten, dass sich die Kapitalmärkte dieser Länder sehr dynamisch entwickeln. Als Folge ist eine Aufwertung zum Emerging-Market-Status wahrscheinlich. Das wiederum sollte zu einer höheren Bewertung führen.

Wie steht es mit den Risikoprämien der Titel?

Böttcher: Die Frontier-Aktien sind meist mit einem Abschlag bewertet. Ich schaue aber nicht auf die Risikoprämie. Wenn ich keine Zukunft für das Unternehmen sehe, dann kaufe ich es auch nicht, egal wie billig die Aktie ist.

Auffällig ist, dass der Fonds Gesundheits- und Finanztitel übergewichtet hat. Warum ist das so?

Böttcher: Grundsätzlich suche ich Titel, die von steigendem Wohlstand und Konsum in dem jeweiligen Land profitieren. Da stehen Gesundheitstitel mit an oberster Stelle, da die Menschen in diesen Ländern ausgesprochen ungesund leben und kaum Sport treiben. Daher sind die Aussichten der Healthcare-Anbieter natürlich hervorragend. Außerdem gibt es in den Frontier Markets auch sehr solide Banken, die wie Sparkassen hierzulande arbeiten: Kundeneinlagen werden für Kredite verwendet, und die Differenz zwischen Einlagen- und Kreditzinsen ist deren Marge.

Schaut man sich die Performance des Fonds an, zeigt die Kurve Mitte 2015 aber auch einen Knick.

Böttcher: Den allgemeinen Börsenrutsch im Sommer habe ich auch mitgemacht, aber weniger stark als andere Fonds. Frontier Markets sind nicht vollständig von der Außenwelt abgekoppelt. Insgesamt ist die Korrelation aber niedrig, die Verbindungen zu anderen Märkten sind nicht groß Außerdem existieren nur sehr wenige ausländische Investoren, sodass Probleme in anderen, weiter entwickelten Schwellen- oder den Industrieländern nicht zu Abflüssen führen.

Welche Auswirkungen hat der Ölpreiscrash auf diese Staaten?

Böttcher: Leichte Schwankungen sind kein Problem. Grundsätzlich muss man dies aber auf der Basis jedes einzelnen Landes sehen. Kuwait oder Saudi Arabien sind davon natürlich sehr stark betroffen. In anderen Ländern führt der Ölpreisverfall zu niedriger Inflation, was positiv ist.

Wir danken für das Gespräch. (jb)