Die Plattform für Sammelklagen Cobin Claims hat im Zuge einer Aktion für geschädigte Frankenkredit-Nehmer 100 Verträge untersucht. Die Analyse ergab zum Beispiel, dass 56 Prozent der Kredite über Vermittler und nicht direkt über Banken abgeschlossen wurden. "Unter anderem durch Strukturvertriebe, die bereits in den Schlagzeilen waren", wie es bei Cobin Claims heißt.

Die durchschnittliche Kreditsumme beträgt den Angaben zufolge rund 183.000 Euro, die durchschnittliche Deckungslücke 89.000 Euro. Bei 62 Prozent der Kredite dienen Lebensversicherungen als Tilgungsträger, bei 24 Prozent sind es Fonds. Die Tilgungsträger liegen im Schnitt um 34,7 Prozent hinter den Performance-Prognosen zurück.

Keine Aufklärung
70 Prozent der Befragten sei nicht erklärt worden, worin bei ihrem Tilgungsträger genau investiert wird, meinen die Cobin-Leute. 67 Prozent der Befragten sei auch nicht mitgeteilt worden, wie innere Kosten die Performance des Tilgungsträgers belasten. In 71 Prozent der Fälle sei niemals in Erwägung gezogen oder besprochen worden, Tilgungsträger zu wählen, die negative Veränderungen des Frankenkurses kompensieren.

Nur in 16 Prozent der Fälle wurde mit den Kunden besprochen, dass man Frankenkurs-Veränderungen absichern kann. Dem überwiegenden Teil (63 Prozent) wurde bei der Kreditaufnahme suggeriert, dass sie kein riskantes Finanzierungsvehikel zeichneten, sondern mehr oder weniger einen normalen Kredit, heißt es in einer Aussendung der Plattform. Bis zum 15. Jänner 2015 sei 36 Prozent der Kunden versichert worden, dass wieder alles "ins Lot kommen" werde. Selbst heute wird noch 18 Prozent der Kunden versichert, dass der Kredit am Laufzeitende ohne Schaden geschlossen werden könne, so Cobin-Obman Oliver Jaindl.

"Diese Untersuchung zeigt deutlich, dass die Kreditnehmer wichtige Informationen oft bis heute nicht erhalten haben, mit denen sie die Entwicklung und das Risiko der im Grunde sehr komplexen Finanzierungen abschätzen hätten können", sagt Jaindl, und fügt hinzu: "Außerdem wurde den Kunden vielfach nicht ein Tilgungsträger vermittelt, der Risiko-minimierend wirkt. Man hat den Eindruck, dass den Kunden einfach 'irgendein‘ Tilgungsträger vermittelt wurde, egal, ob er passt oder nicht."

Keine Unterscheidung zwischen Brutto- und Nettorendite
Der Gutachter und Cobin-Claims-Vorstand Manfred Biegler präzisiert hier aus der Sicht des Sachverständigen: "Grundsätzlich erforderten Fremdwährungs-und Zinssatzrisiko beim Kredit sowie das (Netto-)Renditerisiko beim Tilgungsträger (Lebensversicherung, Fondsveranlagung etc.) eine laufende, einzelfallbezogene Portfoliobetrachtung. Eine solche wurde bei den uns vorliegenden Fällen niemals angestellt. Vielfach wurde nicht einmal zwischen Brutto- und Nettorendite beim Tilgungsträger unterschieden. Fehlende Kosten, Gebühren und Steuern vermittelten hier in vielen Fällen von Beginn an für den Bankkunden ein unrichtiges Veranlagungsbild."

Rechtlich betrachtet könnte es mittlerweile zu Verjährungen gekommen sein. Dazu die beiden Cobin-Claims-Rechtsanwaltbeiratsmitglieder Wolfgang Haslinger und Clemens Irrgeher: "Die Verjährung kann ein Problem sein, muss es aber nicht: Für die Kunden, die zwar grundsätzlich über Währungs- und das Wertentwicklungs-Risiko informiert wurden, kommt erst durch eine Sachverständigen-Untersuchung zu Tage, dass die wahren Beratungsfehler darin liegen, das Tilgungsträger empfohlen wurden, die selbst in guten Börse-Zeiten niemals jene Performance liefern konnten, die ausgereicht hätte, um den Kredit am Ende der Laufzeit abzudecken. Das geht soweit, dass Banken fälschlicherweise Brutto- statt den tatsächlichen Nettorenditen in Aussicht gestellt haben; dieser Fehler war jedoch für viele Kunden bis heute nicht erkennbar. Damit ist die Erkennbarkeit des Beratungsfehlers erst mit Sachverständigen-Untersuchung gegeben und daher ist wohl von keiner Verjährung auszugehen."

Bisher hätten Kreditnehmer 195 Nennungen in der Sammelaktion "CHF-Kredite" abgegeben. Ansprüche aus dem Franken-Kursschock vom 15. Jänner 2015 verjähren zum 15. Jänner 2018. Ziel seien Prozzessfinanzierung, Einzel- oder Gruppen-Verfahren/Klagen, so Jaindl. Cobin Claims starte außerdem eine Petition, um den Druck auf die Regierung zu erhöhen, endlich bei Frankenkrediten eine Lösung für Tausende Kreditnehmer zu erwirken", sagt Jaindl. (eml)