Nur sechs der 22 Teilnehmer an einer monatlichen Umfrage von Bloomberg gehen davon aus, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) unter der Führung von Präsident Thomas Jordan bis Ende 2015 die Deckelung des Franken aufgeben wird. Vor einem Monat hatte das bis dahin noch die Hälfte der befragten Volkswirte erwartet.

Nach der Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), eine beispiellose Lockerung ihrer Geldpolitik vorzunehmen – darunter auch die Senkung des Einlagensatzes in den negativen Bereich –, besteht die Möglichkeit, dass die SNB sogar erwägen könnte nachzuziehen. Ein sich eintrübender Wirtschaftsausblick im Euroraum gekoppelt mit einer lockereren Geldpolitik erinnert an das Jahr 2011. Damals flüchteten Anleger angesichts der Turbulenzen in den Franken, was die eidgenössische Währung fast auf Parität zum Euro trieb und die SNB zur Einführung des Franken-Deckels veranlasste.

"Die jüngste Zinssenkung durch die EZB legt nahe, dass der Mindestkurs länger in Kraft bleiben dürfte", sagte Maxime Botteron, Ökonom von Credit Suisse. Seiner Einschätzung nach wird dieses Limit bis mindestens Ende 2015 beibehalten werden. "Solange die Inflation niedrig bleibt, gibt es keinen Grund, die Geldpolitik in der Schweiz zu straffen."

"Wenig Anreiz, die Entschlossenheit der SNB wieder einmal zu testen"
Die SNB wird ihre vierteljährliche Zinsentscheidung am Donnerstag um 9.30 Uhr bekanntgeben, gefolgt von einer Pressekonferenz mit allen drei Direktoriumsmitgliedern um 10 Uhr in Bern. Die Zielspanne für den Leitzins dürfte bei null bis 0,25 Prozent ebenso beibehalten werden wie der Euro-Mindestkurs von 1,20 Franken, erwarten 21 von Bloomberg befragte Ökonomen. "Die Marktteilnehmer haben im Laufe der letzten drei Jahre gelernt, dass die SNB 100-prozentig entschlossen ist, den Deckel zu verteidigen", sagte Timo Klein, ein Ökonom von IHS Economics. "Es gibt also wenig Anreiz für die Finanzmärkte, die Entschlossenheit der SNB wieder einmal zu testen."

Zusätzliche SNB-Maßnahmen äußerst unwahrscheinlich
Kein einziger Ökonom in der Bloomberg-Umfrage rechnet in diesem Monat mit zusätzlichen Maßnahmen seitens der SNB, um auf die Schritte der EZB zu reagieren. Der Franken-Kurs hatte auf die EZB-Ankündigung vor zwei Wochen kaum reagiert. "Wir erwarten nicht, dass die SNB tätig werden muss, um die Deckelung zu verteidigen", sagte Roland Kläger, Ökonom bei der Raiffeisen Schweiz. Der Franken "blieb selbst während der Diskussionen über weitere Lockerungen der EZB komfortabel über der 1,20-Schwelle. Ein Versuch, die 1,20 zu testen, ist bis auf weiteres nicht wahrscheinlich." (mb/Bloomberg)