Der Entscheid der Schweizerischen Nationalbank (SNB), ihren Franken dem freien Markt zu überlassen, kam auch für Fondsexperten unerwartet. "Das ist ein überraschender Schritt der SNB", sagte etwa Dirk Aufderheide von der Deutschen Asset & Wealth Management in einer ersten Reaktion am Donnerstag. "Die Zentralbank hat erkennen müssen, wie schwer es ist eine solche Marke zu halten und nun das Ende mit Schrecken statt den Schrecken ohne Ende gewählt."

Die SNB hat bis zuletzt betont, an ihrem seit Herbst 2011 bestehenden Kursziel von 1,20 Franken zum Euro unter allen Umständen festhalten zu wollen. Nationalbankchef Thomas Jordan rechtfertigte die überraschenden Kehrtwende am Donnerstag folgendermaßen: "Es macht keinen Sinn, eine aus ökonomischen Gründen nicht sinnvolle Politik weiterzuführen." Die SNB könne das internationale Umfeld nicht beeinflussen, ein Aussteigen sei darum besser.

Einmal in 20 Jahren
Begleitend zur Entkoppelung vom Euro erhöhte die SNB am Donnerstag den Negativzins für Bankguthaben, die einen bestimmten Freibetrag überschreiten. Ziel sei es, Franken-Anlagen noch ein Stück unattraktiver zu machen und die Folgen der Aufhebung des Mindestkurses abzuschwächen. Joachim Corbach von Swiss & Global Asset Management in Zürich zeigt sich wenig hoffnungsvoll: "In welchem Ausmaß er ausreicht, die Attraktivität des Franken für ausländische 'Investoren' zu brechen, bleibt abzuwarten."

In Summe hätte sich Devisenexperte Aufderheide von der SNB eine "sanftere Abkehr" gewünscht – etwa über eine Bindung an einen Währungskorb. Der Devisenexperte sieht in der Maßnahme aber auch einen Befreiungsschlag der SNB, denn sie könne sich nun wieder auf ihr geldpolitisches Mandat und die Makroökonomie konzentrieren, heißt es.

Erhebliche Störungen und Turbulenzen
Zwischenzeitlich löste die Meldung Hektik an den Märkten aus. Der Dax rutschte unter die Marke von 9.700 Punkten, um dann nach einem turbulenten Handelstag über 10.000 Punkte zu schließen. Der Euro wertete bis auf knapp unter 0,86 Franken ab und pendelte sich später in der Nähe der Parität wieder ein. "Einen Tag wie heute haben wir im Devisenmarkt seit über 20 Jahren nicht mehr gesehen, und viele Menschen sind völlig überrascht worden", kommentiert Keith Pilbeam von der City University in London.

Der Professor für Internationale Wirtschafts- und Finanzwissenschaften spricht von einer sehr bedeutenden Entwicklung, die einigen Investoren wie Hedgefonds echte Schwierigkeiten bereiten werden und anderen wiederum auch große Gewinne bescheren könnten. Pilbeam erwartet kurzfristig erhebliche Störungen und Turbulenzen, auf längere Sicht könnte sich die Wahrnehmung der internationalen Märkte signifikant ändern. (dw)


Warum sich die SNB gerade jetzt dazu entschieden hat, den Franken freizugeben, und welche Folgen dies für die Realwirtschaft hat – dies und mehr erfahren Sie in unserer Bilderstrecke oben! Lesen Sie zu dem Thema auch den Kommentar von FONDS professionell-Herausgeber Gerhard Führing.