Lange überschattet von der Covid-19-Pandemie, gewinnt der Wettlauf zwischen Joe Biden und Donald Trump um das Präsidentenamt in den USA an Fahrt. Viele Anleger fürchten sich vor dem Ausgang der Wahl. Dabei dürften die Folgen für die Aktienmärkte überschaubar bleiben – zumindest auf lange Sicht. "Sollte Biden als Sieger vom Platz gehen, könnte eine berechenbarere Handelspolitik die Folge sein", sagt David Ross, Manager des Echiquier World Equity Growth von La Financière de l'Echiquier (LFDE). Dies würde einiges an Risiko vom Markt nehmen sowie zu einem stärkeren US-Dollar führen. Biden dürfte insgesamt auch gemäßigter auftreten, insbesondere gegenüber Europa.

Bei einem Sieg von Trump ist dagegen vor allem mit einer Fortsetzung des Status Quo zu rechnen. Die gegenwärtige Regierung hat sich für einen schwächeren US-Dollar ausgesprochen und anderen Staaten Währungsmanipulation vorgeworfen, um mit den USA konkurrieren zu können. "Mit einer grundsätzlichen Änderung der US-Handelspolitik gegenüber China ist nicht zu rechnen", glaubt Ross. Es werde somit wohl auch keine Kehrtwende geben, was die Sanktionen gegen China betrifft.

Bidens Steuerpläne verunsichern Investoren
Auf kurze Sicht müssen sich Anleger indes tatsächlich auf Turbulenzen einstellen. "Kurzfristig sehen wir mit Bidens Plänen für die Steuerpolitik ein gewisses Risiko für den Aktienmarkt", sagt Ross. Die von demokratischer Seite geplante Erhöhung der Kapitalertragssteuer von aktuell 20 Prozent auf mehr als 40 Prozent könnte den Verkaufsdruck bei Investoren steigern.

Hinzu kommt ein bislang weitgehend unbeachteter Aspekt: die sogenannte Todesfallbesteuerung. "Wenn Vermögen vererbt wird, ist der Wert in der Regel höher als beim Kauf", erklärt der Experte. Der gestiegene Wert des Vermögens wird in den USA für Steuerzwecke berücksichtigt und auf den Wert per Todestag angepasst. Viele Anleger behalten daher ihre Anteile, um die bei einem Verkauf anfallende Kapitalertragssteuer sowie die Nachlasssteuer zu vermeiden. Biden plant jedoch, diese Anpassung abzuschaffen und das Vermögen der Kapitalertragssteuer zu unterwerfen. Das könnte Investoren laut Ross ebenfalls dazu verleiten, sich vorzeitig von ihren Aktien zu trennen. Insgesamt sieht der Fondsmanager zwar "potenzielle kurzfristige Risikofaktoren – jedoch keine großen langfristigen Risiken für den US-Aktienmarkt". (fp)