"...man darf daher nicht übersehen, dass an den Finanzmärkten positive Überraschungen keineswegs seltener sind als negative", so endete der letzte Satz im Fondsbarometer des Vormonats, in dem unterm Strich eine ernüchternde Halbjahresbilanz zu ziehen war. Und auch der weitere Ausblick schien für Aktienfondsbesitzer nicht eben berauschend zu sein. Ein von den USA ausgehender Handelskrieg zählt definitiv nicht zu den Wunschszenarien von Investoren. Aber schon knapp vier Wochen später erweist sich der Hinweis bezüglich möglicher positiver Überraschungen als richtig.

Am stärksten legten dabei einige ausgewählte Schwellenländer zu, die in unserer Übersicht mit den Juni-Daten noch ganz unten zu finden waren. Wie konnte das passieren? Die Gefahr steigender US-Zinsen mit anziehendem US-Dollar sowie internationale Handelsbeschränkungen sind laut Lehrbuch eigentlich Gift für Schwellenländer.

Schon eine geringfügige Verbesserung sorgt für Kursfantasie
Die von Investmenthäuser gelieferten Erklärungen lauten im Kern so: Die Trump-Administration klinge inzwischen wesentlich moderater, was das Thema Zölle betrifft. Sowohl mit Europa als auch mit vielen Schwellenländern suche man das Gespräch mit dem langfristigen Ziel, den globalen Handel insgesamt zu vereinfachen. Die Sorgen bezüglich einer Verschärfung eines weltweiten Handelskriegs waren aber in den Kursen der Emerging-Market-Aktien längst eingepreist, so dass schon eine geringfügige Verbesserung der Aussichten steigende Kurse bewirken kann.

Als weiterer Faktor für das gute Abschneiden vieler Schwellenländer wird die Annahme genannt, dass die US-Notenbank in den kommenden Monaten nicht wie bisher vermutet damit beginnen dürfte, ihre Bilanz monatlich um 50 Milliarden US-Dollar zu verkleinern. Diese Maßnahme würde mit hoher Wahrscheinlichkeit die kurzfristigen Zinsen und den US-Dollar steigen lassen – beides wäre schlecht für Emerging Markets.

Brasilien legt zweistellig zu
Brasilien profitierte davon als größtes Exportland Südamerikas am stärksten. Fonds, die dort investieren, legten im Juli fast elf Prozent zu (siehe das pdf am Artikelende). Ähnlich gut lief es für Lateinamerika-Fonds, deren größte Gewichtung in Brasilien liegt, sie wurden fast zehn Prozent teurer. Auffallend gut schnitten auch Thailand, Indien und Russland ab.

Deutschland (inklusive Nebenwerte) und Österreich findet man ebenfalls unter den besten zehn Marktsegmenten im Juli. Auch hierfür waren es Gespräche zwischen den USA und der EU, die von den Kontrahenten als "positiv" bezeichnet wurden, die für Fantasie sorgten. Allerdings weisen etliche führende Investmenthäuser darauf hin, dass die Situation trotz dieser jüngsten Entspannung heikel bleibt.

Japan überholt China
Insgesamt war der Juli ein guter Monat für Aktienfondsanleger: Nur neun von 57 Kategorien beendeten ihn mit einem Verlust. Mehrheitlich handelte es sich dabei um asiatische Märkte. Vor allem für China, für das die Handelspolitik der USA inzwischen ersten Berichten zufolge bereits reale Auswirkungen zeigt, verlor zuletzt für Anleger weiter an Attraktivität. Anfang August büßten die chinesischen Börsen sogar ihren Status als zweitgrößter Aktienmarkt der Welt ein, nun ist das 2014 von China überholte Japan wieder die Nummer zwei hinter den USA.

Fonds, die in China investieren, blieben zuletzt auf Ein-, Drei- und Sechsmonatssicht unter den zehn schlechtesten Kategorien. Für Anleger, die in China investiert sind und die nun langsam nervös werden, kann man nur an die eingangs erwähnte Chance auf positive Überraschungen verweisen – es ist wahrscheinlich, dass man in 15 Jahren diese jüngste Schwäche chinesischer Aktien auf langfristigen Charts kaum mehr erkennen wird.

Über das FONDS professionell-Fondsbarometer
FONDS professionell bringt seit Juli 2014 monatlich das FONDS professionell-Fondsbarometer – eine Performanceübersicht der Aktienfondsindizes von Mountain-View gereiht nach ihrer Monatsperformance. Daraus wird ersichtlich, welche Fonds gerade "Rückenwind" haben und welche unter Kursverlusten leiden. Damit daraus eine brauchbare Information wird, zeigt die Darstellung auch, wie diese Fondskategorien (Länder, Regionen, Branchen und Themen) über andere Zeiträume abgeschnitten haben – 1 Monat, 3 Monate, 6 Monate, 1 Jahr, 3 Jahre sowie über 5 und 10 Jahre. Die jeweils zehn stärksten und zehn schwächsten Ergebnisse sind farblich hervorgehoben.
Das nächste Fondsbarometer erscheint Anfang September.