Über die Ursachen für die Misere an den Aktienmärkten muss man nicht spekulieren – sie liegen auf der Hand, und kurzfristig gibt es in dieser Hinsicht auch kaum Hoffnung. Abgesehen von den Fondsgruppen China und Großchina sowie Pharma und Biotech verlief der Juni für Aktienfonds katastrophal. Binnen vier Wochen wurden sie durchschnittlich um sechs Prozent billiger, wobei die Bandbreite von -0,96 Prozent (Südosteuropa) bis -19,57 Prozent (Brasilien) reichte. Dabei gerieten die Sparten Energie (-13,54 %) und Rohstoffe (-15,38 %) ebenso unter die Räder wie die Länderfonds, die sich auf Korea (-13,09 %) Deutschland (-12,25 %) oder Taiwan (-11,84 %) konzentrieren. Vergleichsweise gering fielen die Verluste in Asien aus.

Angesichts der sich abzeichnenden Rezession und der anhaltend hohen Inflation ist die Stimmung der Anleger aktuell extrem schlecht, der Ausblick bleibt negativ.

Historischer Vergleich
Aber obwohl die aktuelle Lage durchaus als besonders ungünstig bezeichnet werden kann, gab es in den vergangenen 100 Jahren sehr wohl ähnlich schlechte Rahmenbedingungen. Dabei ist ein Rückblick interessant, den die US-Finanzseite "Chartoftheday.com" erstellt hat. Ausgehend von der Tatsache, dass das erste Halbjahr 2022 zu den schlechtesten der jüngeren Börsengeschichte zählt, wurde analysiert, wie nach solchen Extremphasen die zweiten Jahreshälften aussahen. 

Das Ergebnis gibt Anlass zur Hoffnung. Der Dow Jones Industrial Average sah seit 1900 nur sechs erste Semester, die verlustreicher waren als das hinter uns liegende. Mit rund 45 Prozent Minus wird diese "Hitparade des Schreckens" vom Jahr 1932 angeführt. Mehr als 20 Prozent Verlust brachte das Jahr 1962, mit Rückschlägen zwischen 15 und 19 Prozent musste man in den Jahren 1940, 1910, 1939, 1920 und 2022 leben. Bemerkenswerterweise kam es aber nur im Jahr 1920 auch in der zweiten Jahreshälfte zu einer Fortsetzung des Kursrutsches. Damals folgten auf ein etwa 15-prozentiges Minus weitere 20 Prozent Kursverlust, im Anschluss daran kam eine Periode, die man hierzulande als die "goldenen 20er Jahre" und in den USA als die "Roaring Twenties" kennt. 1910 war nach den rund 18 Prozent Wertverlust zwischen Januar und Juni Pause, der Markt hielt sich damals bis Jahresende auf dem erreichten Niveau. In den Crash-Jahren 32, 39, 40 und 62 verliefen die restlichen Monate des Jahres hingegen sogar gut bis sehr gut. Die Wertsteigerungen lagen gemessen am Leitindex zwischen knapp acht (1940) und 40 Prozent (1932). Wie sich die Situation im laufenden Jahr entwickeln wird, ist naturgemäß offen und nicht seriös vorherzusagen, klar ist aber heute schon, dass sehr viel einer möglichen weiteren ungünstigen Entwicklung in den Preisen enthalten sein sollte. 

China erholt sich
Möglicher Lieferant eines positiven Impulses könnte China sein. Wie der Blick auf die Monatsbilanz zeigt, lief es für die 65 von Mountain-View erfassten China-Fonds vergleichsweise sehr gut, das Monatsplus lag bei fast zwölf Prozent, auch Großchina-Fonds hielten sich mit 8,59 Prozent gut, obwohl Taiwan zu den Monatsverlierern zählte. Hang Seng Index (Hongkong) und Shanghai A Index tendieren schon seit Mitte Mai aufwärts. Chinas Regierung kündigte Anfang Juli ein 75 Milliarden US-Dollar schweres Infrastruktur-Investitionsprogramm an, um die Wirtschaft anzukurbeln. Ob davon europäische oder amerikanische Unternehmen profitieren könnten, ist nicht absehbar, immerhin würde sich aber eine positive Entwicklung des chinesischen Kapitalmarkts positiv auf international diversifizierte Portfolios auswirken. Das zeigt einmal mehr, wie sinnvoll eine globale Streuung von Investments ist – trotz der damit verbundenen Risiken (Stichwort Russland). (gf)


Über das FONDS professionell Fondsbarometer
FONDS professionell bringt seit Juli 2014 monatlich das FONDS professionell Fondsbarometer – eine Performanceübersicht der FIAP-Aktienfonds-Indizes gereiht nach ihrer Monatsperformance. Daraus wird ersichtlich, welche Fonds gerade "Rückenwind" haben und welche unter Kursverlusten leiden. Damit daraus eine brauchbare Information wird, zeigt die Darstellung auch, wie diese Fondskategorien (Länder, Regionen, Branchen und Themen) über andere Zeiträume abgeschnitten haben – 1 Monat, 3 Monate, 6 Monate, 1 Jahr, 3 Jahre sowie über 5 und 10 Jahre. Die jeweils zehn stärksten und zehn schwächsten Ergebnisse sind farblich hervorgehoben.

Das nächste Fondsbarometer erscheint Anfang August 2022.