Im Zusammenhang mit der Pleite des Immobilien- und Handelskonzerns Signa weist die Finanzmarktaufsicht (FMA) eine eigene Verantwortung zurück. Vielmehr habe die Behörde gemeinsam mit der Österreichischen Nationalbank (OeNB) und der Europäischen Zentralbank (EZB) bereits früher eine "Dekonzentration" des Engagements der Banken bei der Signa als Kreditnehmerin veranlasst, sagte FMA-Vorstand Helmut Ettl vor Journalisten in Wien. Das Exposure wäre ohne die Eingriffe höher, als es sich heute darstellt. Zahlen nannte Ettl nicht.

Die Aufseher würden das Risiko der Banken bei gewerblichen Immobilien bereits seit rund fünf Jahren "sehr genau" beobachten, so Ettl. Auf Betreiben der Behörden sei es dann ab 2020 bei "ganz bestimmten Engagements" zu Reduktionen gekommen. Darunter auch bei Krediten an die Signa. Die Signa-Gruppe selbst werde nicht direkt von der FMA beaufsichtigt. So seien etwa keine Veranlagungsprodukte an Kleinanleger vertrieben worden.

Österreichs Banken – bei ihnen soll der Pleitekonzern laut Medienberichten mit 2,2 Milliarden Euro in der Kreide stehen – könnten die Signa-Insolvenz stemmen, so Ettl. Zahlen nannte er nicht, man dementiere aber auch die kursierenden Werte nicht. Das überwiegende Ausmaß der Schulden entfalle wohl auf ausländische Institute und andere private Gläubiger, die nicht aus dem Bankensektor stammen.

Weitere Pleiten erwartet
Dennoch müsse sich der Sektor auf Herausforderungen einstellen. Es sei neben der Signa-Pleite mit weiteren Ausfällen zu rechnen, betonte Ettl mit Blick auf den raschen, hohen Zinsanstieg, der in etlichen Bereichen zu Belastungen führt: Die Refinanzierung von Unternehmen verteuert sich, bestehende Anleihen erfahren einen Kursverlust, die Leistbarkeit von Immobilien sinkt, wodurch die Preise unter Druck geraten.

Hypothekarkredite machen laut FMA-Vorstand Eduard Müller rund 28 Prozent der Bilanzsumme heimischer Banken aus und stellen damit eine relevante Größe für die Finanzmarktstabilität dar. Knapp 298 Milliarden Euro an Hypothekarkrediten haben die Banken an Private und Unternehmen vergeben.

"Fokusbanken" mit hohen Immobilienexposures unter der Lupe
Bei der Qualität der Kreditportfolios beobachte man momentan Verschlechterungen. "Der Wertverfall im Immobilienbereich wird uns noch einige Zeit herausfordern", so Ettl. Nominell sind die Immobilienpreise leicht gesunken, real ist der Wertverlust hingegen angesichts der starken Inflation höher. Wie weit die Preise noch nachlassen könnten, wollten Ettl und Müller nicht abschätzen. Es gebe jedoch einige "Fokusbanken", die wegen ihrer hohen Immobilienexposures von der Aufsicht näher beleuchtet werden. Wie viele, könne man noch nicht öffentlich sagen.

Man werde die Banken zu einer "proaktiven Risikopolitik" anhalten. Diese müssten "Rücklagen großzügig dotieren" und rechtzeitig Wertberichtigungen vornehmen, so Ettl. Er fordert außerdem eine "besonnene" Dividendenpolitik. Soll heißen, dass einzelne Institute eventuell keine Ausschüttung vornehmen sollen, wie der FMA-Vorstand konkretisierte.

Kritik an zu geringen Einlagenzinsen
Auch müssen die Institute aus Sicht der FMA strukturell ihre Ertragssituation verbessern. Ein Modell, wonach man Gewinne durch "Zinserträge zulasten der Einlagenkunden" erziele, lasse sich nicht ewig aufrechterhalten, kritisierte Ettl die Zinspolitik der Institute. Die Zinsen, die Österreichs Banken auf die Einlagen ihrer Kunden zahlen, seien weiter zu tief.

Die Krisenfestigkeit der beaufsichtigten Finanzunternehmen ist einer der Aufsichts- und Prüfschwerpunkte der FMA für das Jahr 2024. Ein weiterer großer Anteil der Arbeit wird im kommenden Jahr auf den digitalen Wandel entfallen. So werden zum Beispiel mit der Dora-Verordnung (Digital Operational Resilience Act) erstmals auch Dritt-Anbieter beaufsichtigt, die Banken, Versicherungen oder anderen Finanzbetrieben Cloud-Services zuliefern. Unternehmen wie Amazon Web Services oder Google Cloud können damit erstmals auch sanktioniert werden, wie Müller bei dem Termin anlässlich der Vorstellung der Aufsichtsschwerpunkte sagte.

Laut den Angaben nutzen in Österreich 94 Prozent der Versicherungsunternehmen und 73 Prozent der Banken solche IT-Services von ausgelagerten Anbietern. Bei den betrieblichen Vorsorgekassen sind es sogar 100 Prozent.

Geldwäsche: Blamage vermeiden
Ein weiterer Aufsichtsschwerpunkt liegt in der Geldwäscheprävention und in der Vorbereitung auf die FATF-Prüfung (Financial Action Task Force) im Jahr 2025. Die in der OECD angesiedelte FATF ist das wichtigste weltweite Gremium zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Bei der letzten umfassenden Überprüfung im Jahr 2016 war Österreich nur knapp einer Blamage entgangen. Aufgrund etlicher zu lockerer Standards wäre die Republik fast auf der "Grauen Liste" gelandet, wo sich Staaten wie Haiti, Barbados oder der Jemen befinden. (eml)


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