Die aktuell gute Verfassung des österreichischen Finanzmarktes lässt nicht auf die Probleme schließen, die sich abzeichnen. Das ging aus der Eröffnungsrede der Vorstände der Finanzmarktaufsicht (FMA) bei der diesjährigen Aufsichtskonferenz am Dienstag hervor. Momentan sei der österreichische Finanzmarkt trotz der fragilen wirtschaftlichen Lage sehr stabil, sagte Vorstand Helmut Ettl. "Die Non-performing-Loan-Quote der Banken ist sehr gering, sogar auf historischen Tiefständen. Auch die Solvenzquoten der Versicherungen liegen – obwohl gesunken – über 200 Prozent", so Ettl. Er wolle die Zukunft aber nicht zu rosig zeichnen.

"Was wir in den nächsten Monaten erleben werden, schaut schon herausfordernder aus. Auch im Vergleich zur Covid-Pandemie", sagte Ettl. Nach dem Auftreten der Pandemie sei die Wirtschaft einem gigantischen Bail-Out der Staaten unterzogen worden. "Wir sind jetzt stärker verwundbar“, so Ettl. Er betonte die Energieknappheit, die Inflation und die prognostizierte Rezession, die sich auf alle Wirtschafts- und Lebensbereiche auswirken. "Die realwirtschaftlichen Auswirkungen bereiten mir große Sorgen", sagte Ettl. In den kommenden zwei Jahren würden die Verbindungen zwischen Finanzwirtschaft und Realwirtschaft getestet. "Es wird sich rasch zeigen, wo wir Schwächen haben", so Ettl. Die NPL-Quoten (Ausfall von Krediten) bei den Banken würden in den kommenden ein bis zwei Jahren steigen.  

Gefahr einer Immobilienblase
Auch Vorstand Eduard Müller betonte, dass es Herausforderungen gibt. "Wir hatten eine lange Zeit des billigen Geldes. Das führt zu Fehlallokationen", sagte Müller. Fehlallokationen sehe man bereits deutlich an den eingebrochenen Kryptomärkten. Die allerdings haben realwirtschaftlich kaum eine problematische Dimension; anders als die Immobilienmärkte. Es bestehe die Gefahr einer Blase. Die FMA, die heuer mit der KIM-VO die Kreditvergabe reglementiert hat, habe jahrelang über das Finanzmarktstabilitätsgremium FMSG gewarnt. Dennoch komme man in Österreich auf einen enorm hohen Anteil der variabel verzinsten Kredite von fast 50 Prozent. In Zeiten steigender Zinsen kann das zum Problem werden, weil die Kredite dann schnell nicht mehr leistbar werden können. "Eine Generation, die ohne Zinsen aufgewachsen ist, kann sich fünf, sechs Prozent nicht mehr vorstellen", warnte Müller.

Ettl betonte, dass die Verordnung nötig sei und auch im europäischen Trend liege. Die meisten anderen europäischen Regulatoren hätten in den vergangenen Jahren ähnliche Einschränkungen veröffentlicht. "Bei Immobilien hat sich in Österreich leider in den vergangenen zwölf Jahren ein Thema aufgebaut. Zwischen 2010 und Ende 2021 haben sich die Preise verdoppelt", sagte Ettl. Auch der intensive Wettbewerb unter den Banken habe dazu geführt, dass die Vergabestandards bei Immobilienkrediten nachgelassen haben, so Ettl. Ziel der Verordnung sei es, Kreditnehmer zu schützen und Banken vor Verlusten zu bewahren.

Keine Gefahr für einzelne Banken durch Krieg
Die direkten Effekte des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die österreichischen Finanzunternehmen schätzen die Vorstände indes als bewältigbar ein. Auch in einem Worst-Case-Szenario, also bei einem abrupten Wegfall von Geschäft in Russland oder der Ukraine, komme kein österreichisches Finanzunternehmen zu Schaden, betonte Ettl. In den vergangenen Monaten war diesbezüglich etwa eine Diskussion rund um das hohe Geschäftsvolumen der Raiffeisen Bank International (RBI) in Russland entstanden.

Positiv sei, dass man zuletzt beim Aus der Sberbank Europa gesehen hat, dass in der europäischen Bankenunion das Setting funktioniert. "Alle wussten an dem Wochenende innerhalb kurzer Zeit, was in einer kritischen Situation zu tun ist", so Ettl. (eml)