Bislang mussten sich Städte wie Frankfurt oder Wien im Ranking europäischer Finanzplatze stets mit der einem der hinter Plätze nach London begnügen. Der Brexit hingegen könnte die Karten neu mischen – zugunsten europäischer Bankendrehscheiben.

Viele Londoner Finanzinstitute hätten intern längst Umzugspläne in der Schublade, meint die Helaba-Ökonomin Ulrike Bischoff. Neben Frankfurt würden auch andere Zielorte auf dem europäischen Festland wie Paris, Luxemburg, Wien oder Amsterdam in den Strategiepapieren genannt, schreibt Bischoff in einer aktuellen Kurzstudie. Ein Selbstläufer würde der "Beauty Contest" der London-Konkurrenten also keineswegs.

In einer Hochrechnung kommt die Helaba-Ökonom zu dem Ergebnis, dass in Summe etwa 16.000 Banker der City of London den Rücken kehren könnten. Mindestens die Hälfte dieser "Brexiteers" – also etwa 8.000 – könnten in den nächsten Jahren alleine nach Frankfurt übersiedeln. Das gelinge aber nur dann, wenn Frankfurt seine Hausaufgaben mache. Die "City of the Euro“" müsse mehr Selbstbewusstsein bei der Vermarktung ihrer Standortqualitäten an den Tag legen, wenn sie zum vorrangigen Brexit-Gewinner avancieren wolle, findet Bischoff.

Personeller Aderlass im Frankfurter Finanzdistrikt dank "Brexiteers"abgemildert
"Frankfurt beschäftigt in seiner Finanzindustrie insgesamt rund 74 000 Menschen. Im Bankensektor als pulsierendem Herzstück sind es 62.300 Personen. Angesichts der jüngsten Konsolidierungen und Sparprogramme nimmt die Beschäftigtenzahl tendenziell ab", so Bischoff.

Insofern käme die Brexit-bedingte "Flüchtlingswelle" aus Frankfurter Sicht gerade zur rechten Zeit: "Durch die Brexit-Neuzugänge könnte der Schrumpfprozess in etwa ausgeglichen werden, so dass Ende 2018 die Zahl der Bankbeschäftigten nicht unter das aktuelle Niveau gefallen sein dürfte", schlussfolgert die Studie. (ps)