Die großen Kursschwankungen an den globalen Aktienmärkten in den vergangenen Tagen verunsichern Anleger weltweit. Wie häufig in einer solchen heißen Phase habe eine panische Suche nach dem Verursacher begonnen, schreibt Kubilay Yalcin, Portfolio Director Equities beim Kölner Vermögensverwalter Flossbach von Storch, in einem aktuellen Marktkommentar.

Und wer gesucht habe, sei zum Ergebnis gekommen, dass die US-Börse heftig auf US-Arbeitsmarktdaten reagiert hatte, da weniger Jobs geschaffen worden waren als erwartet, so der Aktienprofi: "Würde die US-Notenbank mit der immer wieder verschobenen Zinswende nun vielleicht zu spät reagieren? Befand sich die US-Ökonomie bereits auf dem Weg in eine Rezession?" Für viele seien das beunruhigende Vorstellungen. "Doch panisch nach Verursachern zu suchen, um dann die eigene Anlagestrategie reaktiv auf die neuen Marktverhältnisse einzustellen, funktioniert aus unserer Sicht eigentlich nie und kann sogar gefährlich sein", stellt Yalcin fest.

Schlechte Nachrichten sind nun schlechte Nachrichten
Die Nachricht von einer Abkühlung der US-Wirtschaft sei eigentlich nicht neu. Zudem sei dies ja von der US-Zentralbank intendiert. Ziel sei es schließlich immer noch, die Inflation einzudämmen. "Aus diesem Grund wurden schwächere Makrodaten lange durchaus positiv vom Markt goutiert. Denn diese würden in der Logik der Marktteilnehmer zu rascheren und womöglich nachhaltigen US-Zinssenkungen führen", erläutert Yalcin.

Die schwächeren Arbeitsmarktdaten hätten nun aber für Skepsis gesorgt, ob das angepeilte "Soft Landing" der US-Wirtschaft überhaupt noch möglich sei. "Damit sind schlechte Nachrichten dann auf einmal tatsächlich schlechte Nachrichten, und so haben die Aktien einiger konjunktursensitiver Unternehmen stark abgewertet", so Yalcin.

Reinigendes Gewitter statt Bärenmarkt
"Auch wenn wir keine Glaskugel haben, spricht die aktuelle Entwicklung eher für ein reinigendes Gewitter als für den Beginn eines Bärenmarktes", sagt der Flossbach-Experte. Die Gewinnerwartungen an die Unternehmen seien hoch und kleine Enttäuschungen, die das Sentiment drücken, führten zu heften Kurseinschlägen. "Viele Aktien haben aber bereits eine starke Korrekturphase hinter sich. Insofern sollte eine Fortsetzung der Korrektur, die zu begrüßen wäre, differenziert ablaufen", meint Yalcin.

Dass sich Übertreibungen hinsichtlich der Zukunftserwartungen oder Bewertungen über die Zeit wieder der Normalität nähern, erscheine wahrscheinlich. Ebenso böten Aktienmärkte in Stressphasen die Möglichkeit, Anteile an hervorragenden Unternehmen zu einem attraktiven Preis zu kaufen. "Das sollten dann aus unserer Sicht Unternehmen sein, die nicht nur viele Jahre profitablen Wachstums versprechen, sondern auch weit überdurchschnittlich robust und anpassungsfähig sind. Und dieser Blick, dieser Fokus auf die Unternehmensauswahl ist das Entscheidende für uns. Das Timing, also der Kaufzeitpunkt, gerät auf lange Sicht oft eher zur Randnotiz", erläutert Yalcin.

Aktiv, nicht reaktiv
Weshalb es also zu den Verwerfungen gekommen sei, könne in der Retrospektive zwar interessant sein, biete aber selten die entscheidenden Erkenntnisse, um zukünftige Krisen vorherzusehen. "Die beste Vorsorge für uns bleibt daher ein Portfolio, das bereits im Vorfeld so aufgestellt ist, dass es, auch bei heftigen Marktturbulenzen, wie wir sie beispielsweise in dieser Woche gesehen haben, zukunftsfähig ist", schreibt der Aktienexperte. "So managen wir nach unserem Verständnis 'aktiv' Portfolios und müssen nicht 'reaktiv' auf sich veränderte Umstände reagieren." (fp)