Die gute Nachricht zuerst: Die US-Regierung konnte das Defizit im Staatshaushalt im vergangenen Fiskaljahr leicht reduzieren. Und nun die schlechte: Die Staatsschulden der Vereinigten Staaten liegen damit noch immer bei rund drei Billionen US-Dollar und betragen mehr als zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Solche gigantischen Zahlen sorgen heute allerdings für kaum mehr als ein Schulterzucken "Sorgen um die Tragfähigkeit der gigantischen Staatsschulden und -defizite blieben bislang auch am Kapitalmarkt eher eine Randerscheinung", stellt Julian Marx, Analyst beim Vermögensverwalter Flossbach von Storch (FvS), fest. Dafür gibt es seiner Meinung nach nur einen einzigen Grund: die ultraexpansive Geldpolitik.

"Vereinfacht gesagt haben die Notenbanken die pandemiebedingten Staatsdefizite entscheidend mitfinanziert", sagt Marx. Allein die US-Notenbank Fed hat seit Beginn der Corona-Pandemie US-Staatsanleihen im Gegenwert von rund drei Billionen US-Dollar aufgekauft. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat derweil das Defizit der 19 Eurostaaten im vergangenen Jahr mit Anleihekäufen sogar mehr als gedeckt. "Die Notenbanken sind vielerorts zum größten Gläubiger ihrer Staaten herangewachsen", sagt der Flossbach-Experte. Als Vorreiter für diese Entwicklung sieht er die Bank of Japan.

Wer wirklich die Strippen zieht
Die Verzahnung von Fiskal- und Geldpolitik hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, so Marx‘ Fazit. "Die Abhängigkeit der Staaten vom billigen Geld der Notenbanken ist ungleich höher als noch vor einigen Jahren." Das Problem: Damit steigt auch das Risiko, dass die Finanzen des einen oder anderen Staates aus dem Ruder laufen, sobald die Notenbanken wieder zu einer strafferen Geldpolitik übergehen – etwas, das die Institutionen verhindern wollen. "Der Handlungsspielraum der Notenbanken hat sich also eingeschränkt", so der FvS-Analyst. Sein Fazit: Letztlich ist die Geldpolitik längst nicht mehr unabhängig, sondern getrieben von den Plänen der Finanzminister. (fp)