Vollbesetzte Publikumsreihen und kaum krankheitsbedingte Ausfälle auf dem diesjährigen Finanzplaner Forum im Wiener Marriott Hotel zeigen, dass die Pandemie Pause macht. Auch auf dem Podium rückte Corona in den Hintergrund – das ist jedoch nur bedingt ein positives Signal. Denn das Virus wird nahtlos von zahlreichen anderen Krisen abgelöst oder überlagert. Das machten die Experten in ihren Vorträgen deutlich.

Eindrücklich veranschaulichte das Wifo-Chef Gabriel Felbermayr, der in seiner Präsentation zwar Belege gegen die allgemeine Stagflationspanik vorlegte, aber die Politik angesichts multipler Problemsituationen zu langfristigem strategischen Denken und Handeln aufforderte. Gleichzeitig auftretende Krisen wie Klimawandel, demografischer Wandel, Deglobalisierung (oder eine Verlangsamung der Globalisierung – "Slowbalisierung"), geopolitische Probleme und Veränderungen der politischen Weltordnung können in den Industrienationen zu Wohlstandsverlusten führen, wenn nicht in Innovation und Produktivität investiert wird.

Grünes Wachstum
Kritisch setzte sich auch Hans-Jörg Naumer von Allianz Global Investors (AGI) mit Wachstum auseinander. Die Umstellung zu einer nachhaltigen Ökonomie müsse weiter voranschreiten. Insbesondere die von US-Nobelpreisträger William Nordhaus vorgeschlagenen Ideen, wonach alle Kosten – auch die des Klimawandels – in sämtliche erzeugte Produkte eingerechnet werden müssten, sollten weiter forciert werden, so Naumer.

An einer CO2-Bepreisung führe kein Weg vorbei. Wird der Treibhausgasausstoß teurer, relativiert das die Kosten für Alternativenergien. "Die meisten Investitionen in Nachhaltigkeit rechnen sich mit steigendem CO2-Preis", so Naumer. Es müsse Einsparungen beim Ausstoß geben, ohne jedoch das Wirtschaftswachstum zu hemmen. Denn die Wirtschaft müsse wachsen, allein aus der Tatsache heraus, dass die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2100 um weitere drei Milliarden Menschen zulegen werde. Man dürfe diesen drei Milliarden Menschen nicht die Teilnahme am Ressourcenverbrauch verwehren.

Grüne Themen waren beim Forum entsprechend der massiven EU-Nachhaltigkeitsbestrebungen naturgemäß gut vertreten: Raphael Fink vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) und zuständiger Experte beim Umweltbundesamt für das österreichische Umweltzeichen sprach über das europäische Ecolabel, das bald auch für Finanzprodukte gelten soll. Der Weg dorthin ist allerdings schwierig. Wann auch immer ein EU-weites Finanz-Ecolabel kommt: Auf das österreichische UZ-49, das älteste nachhaltige Finanzlabel in Europa, wird es keine Auswirkungen haben. Nach Artikel 11 der EU-Ecolabelverordnung sollen nur nachfolgende nationale Siegel die Auflage bekommen, dass sie nicht schwächer sein dürfen als das EU-Label. (eml)