Auch die österreichischen Finanzdienstleister müssen sich aufgrund der im Covid-19-Gesetz erlassenen Beschränkungen des Geschäftslebens Sorgen über Einbußen machen. Die Situation sei aber aufgrund der zeitverzögerten Auszahlungsgepflogenheiten von Provisionen noch nicht so drastisch wie in anderen Branchen, sagt Obmann Hannes Dolzer gegenüber FONDS professionell ONLINE. "Die Einnahmen stammen bis Ende Mai aus dem Geschäft, das wir bisher gemacht haben. Erste Auswirkungen wird man daher im Juni sehen", so Dolzer.

Er geht momentan davon aus, dass unter seinen Kollegen vorerst 90 Prozent finanziell gut mit der Situation zurecht kommen. Aber: "Geht die Krise in den Sommer hinein, wird es für viele heftig, und wenn es bis Jahresende dauert, haben wir Probleme". Wenn sich die Krise vertieft und ausweitet, müssten die Finanzdienstleister vor allem in den Bereichen Kreditberatung und -Vermittlung so wie bei der kapitalintensiven Lebensversicherung Einbußen befürchten.

Viele EPUs
75 Prozent der Fachverbandsmitglieder seien Ein-Personen-Unternehmen (EPU). Sie müssen sich bei Schwierigkeiten dann wohl in die Antragsliste des Härtefallfonds einreihen, den die Regierung für Klein- und Kleinstunternehmen, Neue Selbständige oder Non-Profit-Organisationen eingerichtet hat. Für diese Gruppe steht eine Milliarde Euro zur Verfügung. Abgewickelt wird die Auszahlung über die WKO, die dafür noch eine IT-Lösung erarbeiten muss.

Der Fachverband hat kürzlich klar gemacht, dass Beratungen telefonisch oder per Videoschaltung bewerkstelligt werden müssen und Dokumente postalisch oder elektronisch vorzulegen sind. "Es ist kaum möglich, derzeit das Ausmaß von Umsatzrückgängen abzuschätzen. Teilweise gelingt es den Kollegen, online oder per Videoschaltung zu beraten. Aber sicher ist es schwer, derzeit mit Neukunden ins Erstgespräch zu kommen", so Dolzer.

Förderungen für Homeoffice-Ausrüstung und regulatorische Unterstützung
Er macht darauf aufmerksam, dass es in vielen Bundesländern für die Einrichtung von Homeoffice-Arbeitsplätzen vom Land Förderungen gibt. Meist werde ein großer Teil der Kosten – fünfzig Prozent und mehr – übernommen. 

Auch regulatorisch gibt es derzeit Unterstützung. Dolzer verweist auf ein Statement der europäischen Marktaufsicht ESMA, wonach es Lockerungen bei den nach Mifid II-erforderlichen Telefonaufzeichnungen gibt. Beratern, die nun plötzlich mit der Homeoffice-Infrastruktur arbeiten müssen, droht keine Konsequenz, wenn sie einen Auftrag telefonisch entgegennehmen, ohne das Gespräch aufzuzeichnen. "Nötig ist aber, dass der Berater eine ausreichende Dokumentation des Beratungsgesprächs vorlegen kann", so Dolzer.

Die Kunden der Finanzdienstleister seien größtenteils trotz der Situation sehr ruhig. "Wir haben keine Kollegen, die sagen, dass Hunderte anrufen. Es liegt aber auch daran, dass man in unserem Bereich in der Regel aktiv auf die Kunden zugeht und selbst den Kontakt sucht", so Dolzer. (eml)


Service: Die europäische Marktaufsicht ESMA lockert angesichts der Corona-Krise die Vorgaben beim Taping (Link ESMA-Statement)