Mit der Headline "Noch eine Baustelle" macht das Handelsblatt heute einen Artikel über das darbende ETF-Geschäft der Deutschen Bank auf. "Das Geschäft mit Indexfonds boomt überall – beinahe", heißt es dort. "Beim größten heimischen Geldhaus ziehen die Kunden massiv Geld ab." Recherchen von FONDS professionell bestätigen dieses Fazit: Mehr noch: Die gesamte Vermögensverwaltungssparte des Bankriesen schwimmt in einem insgesamt immer noch stark wachsenden Markt derzeit sozusagen heftig gegen den Strom.

Und das gilt nicht nur für das bei der Deutsche-Bank-Tochter X-Trackers lahmende Geschäft mit ETFs, wie Zahlen des deutschen Branchenverbands BVI belegen: Während sich die großen Wettbewerber Union Investment, Deka und Allianz Global Investors in den ersten acht Monaten dieses Jahres über hohe Zuflüsse freuen konnten, ist die Deutsche Asset Management (Deutsche AM) mit sechs Milliarden Euro Abflüssen der größte Verlierer der BVI-Statistik. Dennoch: Ein großer Teil davon ist auf die ETF-Sparte DB X-Trackers zurückzuführen wie Zahlen aus dem eigenen Haus zeigen.

Deutsche Bank Markets Research zufolge verkauften Anleger von Anfang Januar bis Ende Oktober europaweit X-Trackers-ETFs im Wert von 4,5 Milliarden Euro. Seit Jahresbeginn ist das verwaltete Vermögen der Sparte damit um acht Prozent gesunken. Weltweit summieren sich die Abflüsse aus ETFs der Deutschen Bank in diesem Zeitraum sogar auf 11,5 Milliarden US-Dollar in einer Phase, in der Marktführer Blackrock mit seinen iShares-ETFs satte 90,4 Milliarden US-Dollar einsammelte. Der Branchenzweite Vanguard kommt auf 75,2 Milliarden Dollar.

Prominente Abgänge
Dabei dürfte nicht nur eine Rolle spielen, dass beim Mutterhaus Deutsche Bank immer wieder neue Negativschlagzeilen für Unruhe sorgen. Einen möglichen Grund, weshalb es gerade auch bei Deutschlands immer noch größtem Fondshaus zur Zeit alles andere als gut läuft, verortet so mancher Marktbeobachter in der Tatsache, dass bei der Deutschen AM inzwischen ehemalige Investmentbanker die Fäden ziehen. Sichtbar geworden ist das nicht nur durch prominente Abgänge in Vertrieb und Fondsmanagement – erwähnt seien beispielhaft der Wechsel von Starmanager Henning Gebhardt zu Berenberg und der Abgang von James Dilworth, Head of Active Asset Management, der einer der zahllosen Umstrukturierungen zum Opfer fiel.

Im Zuge der anhaltenden personellen und strukturellen Umbauten im Zusammenhang mit dem Übergang des Vorstandspostens von Anshu Jain zu John Cryan Mitte vergangenen Jahres musste am Ende auch Jains enger Vertrauter und früherer Chef der Fondssparte, Michele Faissola, seinen Hut nehmen. Kurz darauf wurde zudem Dario Schiraldi, als Head of Global Client Group Leiter der weltweiten Vertriebsaktivitäten der Deutschen AM, geschasst. Beide Italiener befanden sich zu dieser Zeit bereits im Visier der Mailänder Staatsanwaltschaft, die ihnen vorwarf, der Krisenbank Monte dei Paschi di Siena bei der Fälschung ihrer Bücher geholfen zu haben. Zu den Vorwürfen äußerten sich die beiden bislang nicht öffentlich.

Umstrukturierungs-Baustelle
Auf Faissola folgte Quintin Price, der aber nach nur wenigen Monaten krankheitsbedingt wieder ausscheiden musste. Price, ein ehemaliger Blackrock-Manager, übergab das Zepter interimsmäßig an Jon Eilbeck, der schon unter Faissola als COO das operative Geschäft geleitet hatte. Im Oktober trat schließlich Nicolas Moreau das Amt an. Damit steht der dritte Chef innerhalb von nur einem Jahr an der Spitze der Sparte.

Die wahren Gründe für die Entwicklung bei Deutschlands größtem Asset Manager liegen aber offenbar sehr viel tiefer, nämlich in den umfangreichen personellen Neubesetzungen von Schlüsselpositionen, die die Deutsche AM in den vergangenen Jahren erfahren hat. Denn was vielen Außenstehenden im Zusammenhang mit den Umstrukturierungsarbeiten nicht aufgefallen ist: Inzwischen haben sich offensichtlich zahlreiche ehemalige Investmentbanker, denen der Weg zurück in die Investmentbank versperrt war, einen warmen Platz am Ofen der Deutschen AM gesichert. Böse Zungen sprechen in diesem Zusammenhang gar von einer Art "feindlicher Übernahme" von innen. "Inzwischen“, so ein Mitarbeiter der Deutschen AM, der lieber anonym bleiben möchte, gegenüber FONDS professionell, "sind im Asset Management zum Teil Leute am Ruder, die zuerst das Investmentbanking des Mutterkonzerns an die Wand gefahren haben und jetzt für das Fondsgeschäft verantwortlich sind, von dem sie aber im Grunde keine Ahnung haben.“

Reibungen und Unstimmigkeiten
Das konnte nicht lange gut gehen, und so waren Reibungen und Unstimmigkeiten zwischen den früheren Investmentbankern der Passivseite und den Verantwortlichen für den Vertrieb von aktiven Produkten programmiert. Entsprechend verwundert es kaum, dass zum Teil langjährige Mitarbeiter die Konsequenzen zogen. Im Juni verließ Barbara Rupf Bee die Deutsche AM, seit Anfang 2014 verantwortlich für den Vertrieb in Europa, dem Nahen Osten und Afrika. Ihre Aufgaben übernahm Alexander Preininger, ursprünglich auch ein Gewächs der Investmentbanker-Riege um Michele Faissola.

Auch Steffen Leipold, schon vor 17 Jahren zur damaligen DWS gekommen und bis zuletzt verantwortlich für den Retailvertrieb in Deutschland und Österreich, hat sein Amt mit Wirkung zum 31. August 2016 niedergelegt. Leipolds Stelle ist nach wie vor unbesetzt und wird derzeit interimistisch von Europa-Vertriebschef Thorsten Michalik mit übernommen. Das erscheint umso unverständlicher, als gerade der ehemals von Leipold betreute Bereich als eines der wenigen Segmente für positive Mittelzuflüsse gesorgt hatte. (hh)