Notenbank-Beobachter warten mit Spannung auf die kommende Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB): Nach neun Zinserhöhungen in Folge könnte die EZB diesen Donnerstag (14.9.) eine erste Zinspause einlegen. Genauso gut könnte sie aber auch die Euro-Leitzinsen um weitere 25 Basispunkte erhöhen. Klare Botschaften kamen dazu in letzter Zeit nicht aus dem Skytower in Frankfurt.

Noch immer steigen die Verbraucherpreise im Euroraum mit zuletzt 5,3 Prozent im Jahresvergleich deutlich rascher als die von der EZB angestrebten zwei Prozent. Allerdings ist klar, dass die zurückliegenden Zinserhöhungen sich längst ihren Weg durch das Getriebe der europäischen Volkswirtschaften bahnen, bis sie über die Wirtschaftsaktivität am Ende auch den Preisauftrieb deutlich zügeln. Wichtige Frühindikatoren zeigen bereits kräftig nach unten. Das gilt besonders für Deutschland als größte Volkswirtschaft im Währungsraum. Zuletzt senkte unter anderem die Europäische Kommission ihre Wachstumsprognose für die Eurozone. 

Konsens nicht in Sicht
Die EZB könnte daher beim aktuellen Niveau von 3,75 Prozent für den Einlagesatz und 4,25 Prozent für den Hauptrefinanzierungssatz eine Pause einlegen, um zu beobachten, wie Inflation und Konjunktur auf die bisherigen kräftigen Zinserhöhungen reagieren. Andererseits würde die aktuell deutlich überhöhte Inflation auch eine weitere Zinserhöhung rechtfertigen – allerdings mit dem Risiko eines unnötig kräftigen Wirtschaftseinbruchs.

Offenkundig sind sich auch die EZB-Entscheider in dieser Situation uneins, glaubt Dillon Lancaster, Portfoliomanager bei Twenty Four Asset Management. So hätten verschiedene EZB-Ratsmitglieder zuletzt angedeutet, dass die EZB "einen weiteren Schritt" machen sollte. Andere wie Mario Centeno aus Portugal hätten dagegen vor der Gefahr gewarnt, "zu viel zu tun". "Vor der bevorstehenden Zinsentscheidung scheint ein Konsens nicht in Sicht zu sein", sagt Lancaster. 

Zinspause oder Trippelschritt
Patrick Barbe, Head of European Investment Grade Fixed Income bei Neuberger Berman, rechnet damit, dass sich die EZB letztlich zu einer Zinspause durchringen wird. Dagegen erwartet Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei Donner & Reuschel, einen Zinsschritt um 0,25 Prozentpunkte. Grund: "Der Inflationsdruck ist nach wie vor viel zu hoch." Zudem könne ein Zinsschritt zu viel eher korrigiert werden als einer zu wenig, sagt Mumm. Twenty-Four-Experte Lancaster glaubt: Kommt es tatsächlich zur Zinspause, dann ist fraglich, ob die EZB in diesem Zinszyklus überhaupt noch einmal die Zinsen erhöht. Zu rasch geben die Konjunkturindikatoren aktuell nach. (jh)