"Es wäre verfrüht, die Zinssätze bald zu senken oder über solche Schritte zu spekulieren", sagte Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank, am Dienstag (28.11.) in der zypriotischen Hauptstadt Nikosia. "Nicht nur die Höhe der Zinssätze ist für den Kurs entscheidend, sondern auch die Erwartungen über die künftige Entwicklung der Zinssätze. Der Haupteffekt der Straffung der Politik auf die Inflation muss sich erst noch entfalten."

Die EZB hat ihre Zinsanhebungen wahrscheinlich abgeschlossen und wird auf ihrer Dezembersitzung zum zweiten Mal in Folge eine Pause einlegen. Einige Ratsmitglieder betonen, dass eine weitere Anhebung noch möglich und es zu früh sei, über Zinssenkungen zu diskutieren.

Die Inflation in der Eurozone hat sich von ihrem Höchststand von 10,6 Prozent im vergangenen Jahr auf 2,9 Prozent im Oktober drastisch abgekühlt. Doch der Weg hinunter zum Zwei-Prozent-Ziel könnte länger dauern, und Basiseffekte werden die Inflationsrate in den kommenden Monaten wohl wieder leicht nach oben treiben.

"Immer noch ein gutes Stück von unserem Zielwert entfernt"
"Obwohl die Gesamtinflation in den letzten Monaten deutlich zurückgegangen ist, können wir nicht davon ausgehen, dass dieser Rückgang anhalten wird", so Nagel. "Die disinflationären Effekte der gesunkenen Energiepreise haben sich verflüchtigt – und wir sind immer noch ein gutes Stück von unserem Zielwert entfernt. Wir erwarten einen holprigen Weg mit einem Auf und Ab der Inflation in der nahen Zukunft."

Unterdessen beginnt die ohnehin schon angeschlagene Wirtschaft die Auswirkungen der geldpolitischen Straffung zu spüren. Nagel zeigte sich dennoch relativ gelassen. "Ich bin zuversichtlich, dass wir eine 'harte Landung' vermeiden können", sagte das EZB-Ratsmitglied. "Der angespannte Arbeitsmarkt, die niedrige Verschuldung von Unternehmen und privaten Haushalten und die rege Investitionstätigkeit deuten darauf hin, dass die Voraussetzungen für eine 'weiche Landung' gegeben sind." (mb/Bloomberg)