Im Interview mit der Zeitung "La Repubblica" verweist Francois Villeroy de Galhau, Chef der französischen Notenbank, darauf, dass die Teuerung im September unter das Zwei-Prozent-Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) gefallen ist und die Kerninflation bis 2025 allmählich die Nähe dieses Niveaus erreichen dürfte. Die Markterwartungen für die Inflation im Jahr 2025 lägen indessen bei weniger als 1,8 Prozent und damit noch unter der EZB-Prognose. 

"All dies bedeutet, dass sich das Gleichgewicht der Risiken verschiebt", erklärt Villeroy. In den vergangenen zwei Jahren habe das "Hauptrisiko darin bestanden, unser Zwei-Prozent-Ziel zu überschreiten", führt er aus. "Jetzt müssen wir auch auf das gegenteilige Risiko achten, nämlich dass wir unser Ziel aufgrund schwachen Wachstums und einer zu langen restriktiven Geldpolitik unterschreiten."

Keine Leitzinsen über neutralem Niveau
Auf die Frage, ob die EZB die Geldpolitik aggressiver lockern könnte, sagt Villeroy, dass die Zentralbank, wenn sie ihr Ziel erreicht, keine Leitzinsen über neutralem Niveau haben sollte. "Wenn wir im nächsten Jahr nachhaltig eine Inflationsrate von zwei Prozent erreichen und die Wachstumsaussichten in Europa nach wie vor schlecht sind, gibt es keinen Grund für eine restriktive Geldpolitik", so Villeroy. 

Mit Blick auf das Risiko eines Ölpreis-Sprungs wegen der Spannungen im Nahen Osten erklärt Frankreichs Notenbankchef: "Wir sollten diese sehr volatile Situation sorgfältig beobachten." Solange Preisanstiege aber nur vorübergehend seien "und nicht auf die Kerninflation übergreifen, sollte ein Anstieg des Ölpreises nicht unbedingt unsere Geldpolitik ändern", so Villeroy. (mb/Bloomberg)