Die Europäische Zentralbank (EZB) hat, wie von Ökonomen erwartet, ihre Leitzinsen am Donnerstag (25.1.) nicht verändert. Der Hauptrefinanzierungssatz bleibt damit bei 4,5 Prozent, der Einlagensatz bei 4,0 Prozent. Die Geldpolitik behalte daher eine leicht restriktive Ausrichtung, erläutert Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust.

"Wenig überraschend ist auch, dass die Bank im Rahmen ihres datengestützten Ansatzes keine baldigen Zinssenkungen in Aussicht stellt. Die Finanzmärkte werden sich wohl noch bis zur Jahresmitte gedulden müssen", so Heise in einem ersten Kommentar zur EZB-Sitzung.
"Ausschlaggebend dafür dürfte die nachvollziehbare Einschätzung sein, dass der Inflationsdruck im Euroraum in Anbetracht hoher Lohnsteigerungen und der Rücknahme staatlicher Unterstützungsmaßnahmen in den kommenden Monaten nicht stark nachlassen wird."

Preis für die Bekämpfung der Inflation
Für den Jahresdurchschnitt 2024 erwartet die EZB Verbraucherpreissteigerungen von 2,7 Prozent. Dies könnte durchaus erreicht und angesichts vorhandener Preisrisiken auch übertroffen werden, meint der HQ-Trust-Ökonom. "Viele Entwicklungen stehen zwar nicht unter dem direkten Einfluss der Geldpolitik, wie etwa die Kostensteigerungen durch die Vorgänge am Roten Meer oder auch Lohnsteigerungen in Folge von Streiks", erklärt Heise. Dennoch sollte die Notenbank nach seiner Ansicht einen stabilitätsorientierten Kurs mit verhältnismäßig hohen Zinsen zunächst beibehalten, um eine Verfestigung der Inflation zu verhindern.

Angesichts einer straffen Geldpolitik werde sich die Konjunktur im Euroraum wohl nicht rasch und kraftvoll aus der derzeitigen Stagnation lösen können, sagt Heise. "Aber dies ist wohl der Preis, der für eine Bekämpfung der lange Zeit unterschätzten Inflation und für die Rückkehr zur Preisniveaustabilität zu zahlen ist. Inflationsbekämpfung ohne konjunkturelle Effekte wäre schön, ist aber unrealistisch." (fp)