Nahe an, aber unter zwei Prozent – so lautete lange das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB). Im Rahmen einer umfassenden Prüfung, in der auch das Messverfahren genau unter die Lupe genommen wurde, ist die EZB zu dem Ergebnis gekommen, dass dieses Ziel an das aktuelle Umfeld angepasst werden muss. Die Währungshüter peilen mit zwei Prozent nun eine etwas höhere Teuerungsrate an und sind bereit, vorübergehende Überschreitungen zu tolerieren, berichtet das "Handelsblatt". In einer Pressekonferenz sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde: "Die neue Formulierung macht klar, dass zwei Prozent keine Obergrenze sind." Die Änderungen ermöglichen es der EZB vorerst, an ihrer ultralockeren Geldpolitik festzuhalten. Sie reagiert mit dem neuen Ziel zudem auf Kritiker, die die alte Formulierung für zu vage hielten. 

Die neuen Inflationsregeln sind nicht die einzige Änderung, die sich die EZB nach 18 Monaten Prüfzeit vorgenommen hat. Die Notenbank will zudem grüner werden: "Ziel ist es, Überlegungen zur ökologischen Nachhaltigkeit systematischer in der Geldpolitik zu berücksichtigen", sagte Lagarde. Der Klimawandel wirke sich auf die Aussichten für die Preisstabilität ebenso aus wie auf Finanzstabilität und die Bilanz der EZB, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ). Die EZB will deshalb klarere Nachhaltigkeitskriterien definieren und die Risikoanalyse grüner Finanzinstrumente weiterentwickeln. Bis 2024 hat sie dafür mehrere Stufen vorgesehen. Beim Kauf von Unternehmensanleihen hat die Notenbank laut FAZ schon damit begonnen, "relevante Risiken des Klimawandels" zu berücksichtigen. 

Änderungen im Messverfahren
Auch im Messverfahren für die Inflationsrate ändert sich etwas. Die Notenbanker wollen die Preise für selbstgenutzte Wohnimmobilien in ihr Konzept mit aufnehmen. Damit reagieren sie auf Kritik aus der Bevölkerung, die moniert, dass zwar die Mieten, jedoch nicht die Preise für Eigenheime in den Harmonisierten Verbraucherpreis-Index (HVPI) einfließen. Die Umsetzung wird indes nicht ganz einfach. Statistiker hatten unter anderem darauf hingewiesen, dass die Kosten für selbstgenutztes Wohneigentum vom Anstieg des Vermögenswertes der Immobilie getrennt werden müssen. (fp)