"Auf der Grundlage der aktuellen Daten scheint eine Zinssenkung im Juli nicht gerechtfertigt zu sein”, sagte Isabel Schnabel, seit 2020 Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank, der japanischen Zeitung "Nikkei" in einem am Freitag (17.5.) veröffentlichten Interview. "Wir sollten uns die Daten sehr genau ansehen, denn es besteht die Gefahr einer verfrühten Lockerung." Eine erste Zinssenkung der EZB im Juni könnte laut Schnabel indessen "angemessen sein". 

Während sich die Inflation auf das Zwei-Prozent-Ziel der Währungshüter zubewegt, ist die geldpolitische Unsicherheit groß. Im Fokus der Erwägungen stehen vor allem das nach wie vor starke Lohnwachstum sowie geopolitische Risikofaktoren wie die Spannungen im Nahen Osten. Die Märkte rechnen weiterhin mit drei Senkungen des EZB-Einlagensatzes um jeweils einen Viertelprozentpunkt im Jahresverlauf. Derzeit liegt der Zins bei vier Prozent.

"Zu früh, zu sagen, was passieren wird"
"Wir sollten einen vorsichtigen Ansatz verfolgen", sagte Schnabel gegenüber "Nikkei". "Und wir sollten uns ausreichend Zeit geben, um zu sehen, was passiert." Angesichts der "sehr hohen Unsicherheit" und der "immer noch nach oben tendierenden Inflationsrisiken" sei es "zu früh, zu sagen, was passieren wird". Die EZB könne sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad festlegen. (mb/Bloomberg)