Ein Blick auf die historische Wertentwicklung zeigt, dass Nebenwerte im Durchschnitt eine höhere Rendite erwirtschaften als die klassischen Standardwerte. Diese Überrendite unterliegt jedoch erheblichen saisonalen Schwankungen: Während Nebenwerte vor allem zu Beginn eines Jahres starke Renditen erwirtschaften, erzielen die Standardwerte vor allem im Schlussquartal gute Ergebnisse. Woran das liegt, erklären Christian Funke, Vorstand Source For Alpha, und Dieter Helmle, Vorstand Capitell Vermögens-Management, in einem Exklusivbeitrag für FONDS professionell ONLINE, den Sie nachfolgend im Original-Wortlaut nachlesen können.


Viele Anleger schwören darauf, dass eine Investition in Nebenwerte auf lange Sicht deutlich höhere Renditen mit sich bringt. Die Betrachtung der historischen Ergebnisse gibt ihnen in der Tat Recht. So weist beispielsweise der Dax seit Januar 1988 - dem Start des deutschen Leitindex bei 1.000 Punkten - eine durchschnittliche jährliche Rendite von 8,6 Prozent auf. Der deutsche Nebenwerteindex MDax konnte in der gleichen Zeitspanne mit durchschnittlich 11,3 Prozent pro Jahr deutlich mehr erwirtschaften.

Ein ähnliches Bild zeigt sich für die gesamte Eurozone durch einen Vergleich von Euro Stoxx 50 Index und Euro Stoxx Small Index: Seit Indexstart am 26.02.1998 konnte der Euro Stoxx 50 eine Rendite von 2,9 Prozent pro Jahr erwirtschaften während der Euro Nebenwerteindex Euro Stoxx Small im gleichen Zeitraum eine deutlich höhere durchschnittliche Rendite von 4,5 Prozent erzielte. Die Outperformance der Nebenwerte ist jedoch nicht konstant, sondern unterliegt erheblichen saisonalen Schwankungen. 

Durchschnittliche Monatsrenditen Dax und MDax Index von Januar 1988 bis August 2016. Quelle:Thomson Reuters / eigene Berechnungen.

Vergleicht man beispielsweise die Rendite von Dax und MDax im Zeitverlauf, so zeigt sich, dass Nebenwerte zu Beginn eines Jahres deutlich höhere Renditen erwirtschaften als Bluechip-Titel: Außer im Juli läuft der MDax in jedem der ersten neun Monate des Jahres im Durchschnitt besser als der Dax. Der Nebenwerteindex konnte in dieser Zeit eine durchschnittliche Performance von 1,0 Prozent pro Monat erzielen, während der Dax lediglich 0,3 Prozent erwirtschaftete. Im Schlussquartal dreht sich dieses Bild komplett. Der Dax weist in jedem der letzten drei Monate eine deutliche Outperformance auf: Im Durchschnitt 2,6 Prozent im Dax versus 1,2 Prozent Rendite im MDax. 

Ein ähnliches Bild liefert der Vergleich des Renditeverlaufes von Euro Stoxx 50 und Euro Stoxx Small: Außer im Juli und September hat der Nebenwerteindex im Durchschnitt in der Vergangenheit in jedem Monat der ersten drei Quartale besser abgeschnitten als ein Investment in die klassischen Euro Stoxx 50 Titel. Auch hier zeigt die Betrachtung des Schlussquartals ein konträres Bild: Der Euro Stoxx 50 konnte in jedem der letzten 3 Monate eine höhere Rendite erzielen als der Euro Stoxx Small Index.

Durchschnittliche Monatsrenditen  Euro Stoxx 50  und Euro Stoxx Small  von Februar 1998 bis August 2016. Quelle: Thomson Reuters / eigene Berechnungen.

Bezüglich der Ursächlichkeit für dieses saisonale Muster konnte die Kapitalmarktforschung noch keine finale Erklärung liefern. Auffallend ist, dass sich das relative Bewertungsniveau von Nebenwerten im Jahresverlauf deutlich ändert. So zeigen beispielsweise Zhiwu Chen und Jan Jindra in ihrer Ausarbeitung " A Valutation Study of Stock-Market Seasonality and Firm Size" aus dem Jahr 2010, dass das durchschnittliche Bewertungsniveau von Nebenwerten in den ersten Monaten des Jahres stetig ansteigt, um in den letzten Monaten konstant wieder zu fallen. Im Gegensatz dazu unterliegt das Bewertungsniveau von Bluechip-Aktien keinen signifikanten Änderungen im Jahresverlauf.

"Benchmark-Hörigkeit" nimmt kurz vor Ultimo zu
Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass die Präferenz für Nebenwerte gegen Ende des Jahres abnimmt. Hierfür könnte das erhöhte Benchmark-Risiko von Nebenwerteaktien verantwortlich sein: Fondsmanager werden üblicherweise im Vergleich zu einer vorher festgelegten Benchmark beurteilt – dies sind üblicherweise die großen Indizes wie der Dax, Euro Stoxx 50 und andere.

Gegen Ende des Jahres kann es für die Fondsmanager sinnvoll sein, die Abweichung von ihrer Benchmark zu reduzieren – sei es, da die Risikobudgets ihrer Fonds bereits aufgebraucht sind oder weil sie etwaige Outperformances gegenüber dem Vergleichsindex festzurren wollen. Daher sind Nebenwerteaktien – deren Rendite sehr unabhängig von den klassischen Benchmarks verläuft – in den letzten Monaten eines Jahres mit einem Malus belegt.