Künstliche Intelligenz wird in den kommenden Jahren viele Branchen verändern – auch die Finanzbranche. Das sagt Jürgen Schmidhuber, Pionier für automatisches Lernen und Gründer der Firma Nnaisense, im Interview mit dem "Handelsblatt". "Bei Vermögensverwaltern geht es vor allem um Mustererkennung, für Kursprognosen und Portfoliomanagement. Mustererkenner sind durch gestiegene Rechnerleistung viel praktikabler geworden", sagt Schmidhuber. 

Seine Firma Nnaisense hat ein Joint Venture mit dem Vermögensverwalter Acatis gegründet (FONDS professionell ONLINE berichtete). Ein Fonds sucht mithilfe künstlicher Intelligenz Aktien von unterbewerteten Firmen für die langfristige Anlage. "Mit den Modellen sind wir sehr zufrieden", sagt Schmidhuber. Das Interesse in der Finanzbranche an künstlicher Intelligenz sei bereits "enorm". Indes würden reale Anlageergebnisse über längere Zeit benötigt, um zu zeigen, dass automatisierte Geldanlage tatsächlich erfolgreich sein kann.

Robo Advisor sind simpel
Digitale und automatische Vermögensverwalter – so genannte "Robos" – gibt es inzwischen viele. "Solche Automaten sind meist recht simpel", sagt Informatiker Schmidhuber. Häufig funktionierten sie ohne künstliche Intelligenz, weil sie eine bestimmte vorgegebene Vermögensstruktur mit der Verteilung des Geldes auf einzelnen Anlageformen wie Anleihen und Aktien umsetzten. "Interessanter wird es, wenn man versucht, bisher unbekannte Muster in den Daten zu erkennen, um so gewinnbringende Anlagen zu finden."

Trotz der rasanten technischen Entwicklungen werden auch in Zukunft noch Menschen in der Finanzbranche arbeiten, erwartet Schmidhuber: "Für die rein technischen Vorgänge sind Menschen überflüssig. Aber für die zwischenmenschlichen Dinge bleiben sie wohl wichtig." Die Entwicklung in der Branche werde eventuell der in der Gesundheitsbranche ähneln: "Bald wird alle medizinische Diagnostik übermenschlich gut sein. Und die Ärzte werden dann hoffentlich mehr Zeit für die heute oft vernachlässigten Patientengespräche haben." (fp)