Bei den wichtigsten Kryptowährungen, die vor gut einem Jahr einen dramatischen Absturz von ihren Rekordhochs erlebt hatten, geht es heuer wieder bergauf. Der Wert der "Kryptoleitwährung" Bitcoin ist seit Jahresbeginn 2023 von gut 15.000 Euro auf derzeit über 23.000 Euro gestiegen. Die größte Digitalwährung mit einer Marktkapitalisierung von derzeit fast 452 Milliarden Euro (knapp 482 Milliarden Dollar) war gegen Ende 2021 auf einen Rekordwert von teils über 58.000 Euro je Einheit aufgelaufen. Von da an ging es aufgrund einer Mischung von Leitzinserhöhungen, Regulierungen und des Ausfalls der Kryptobörse FTX steil bergab.

Inzwischen ist die negative Stimmung gewichen. Die Marktkapitalisierung von Bitcoin hat wieder einige der größten Unternehmen aus dem S&P 500 überholt: Nach aktuellen Zahlen von "Bloomberg" und "Coinmarketcap" liegt der Wert der Onlinewährung etwa über jenem von JP Morgan Chase, Berkshire Hathaway, Visa, Johnson & Johnson oder Exxon Mobil.

Treichl: "Sollten offener sein"
Indes nimmt das Verständnis für Kryptowährungen in den traditionellen Finanzkreisen zu. Andreas Treichl, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der börsenotierten Wiener Erste Group AG und heute Aufsichtsratvorsitzender der Erste Stiftung, sagte in einem Podcast des Kryptoexperten Niko Jilch: "Wir sollten in Europa offener gegenüber Bitcoin sein. Man sollte die Kryptowelt als etwas sehen, das etwas Positives beitragen kann."

Treichl zählte in den Anfängen des Kryptobooms zu den Kritikern. In einem Interview mit "Bloomberg" im Jahr 2017 war er davon ausgegangen, dass die Notenbanken die Digitalwährungen "stoppen" würden. Auch hatte er damals seinen Kindern ein Investment untersagt.

Gegen Spekulation, aber Chancen im Blick
Seine kritische Haltung bewahrt Treichl weiter, insbesondere, wenn es um den Einsatz zu Spekulationszwecken geht. Gleichzeitig sieht er in Kryptowährungen angesichts der hohen Regulierung am traditionellen Banksektor eine Chance. Darauf könne "viel Interessantes aufbauen", so Treichl. Auch Smart-Contract-Konzepten, die zum Beispiel über die zweitgrößte Kryptoassetplattform Ethereum ermöglicht werden, kann Treichl viel abgewinnen. Er betont hier Effizienzgewinne, die entstehen, weil Geschäfte auf den dezentralen Blockchains ohne Mittelsmann billiger und schneller abgewickelt werden können.

Treichl sieht Bitcoin zwar nicht als die Lösung aller Probleme, jedoch als Chance. Europa müsse ein attraktiver Standort für junge Menschen sein. "Da können Bitcoin und Blockchain helfen", so Treichl. Es handle sich um "eine bahnbrechende Technologie". (eml)