Europa hat aus der Finanzkrise nichts gelernt, kritisiert Thomas Böckelmann, leitender Portfoliomanager beim Investmenthaus Euroswitch. Strukturelle Reformen sucht man vergebens. Italien zum Beispiel hat erst kürzlich wieder zwei Banken mit Steuergeldern eine längere Lebenszeit erkauft. "Auch Deutschland bildet leider keine Ausnahme", sagt Böckelmann. Die Pensionsrückstellungen für Beamte würden unsauber bilanziert, die Schuldenquote dadurch geschönt. Seit Jahren fordert der Internationale Währungsfonds (IWF) von Deutschland, sein Rentensystem zu reformieren – bislang ohne Effekt.

Der Portfoliomanager staunt darüber, wie sich das politische Berlin, statt wichtige Reformen anzugehen, auf die Automobilbranche einschießt. Unabhängig von den Verfehlungen der Autobauer findet er es erschreckend, mit welchem Halbwissen und moralischem Übereifer ein Reputationsschaden angerichtet wird, der letztlich zu einem massiven Jobabbau führen könnte. "Angesichts so viel selbstzerstörerischer Kraft staunt die internationale Wirtschaftspresse und freuen sich Staatsanwälte, französische, japanische und koreanische Autobauer", kommentiert Böckelmann.

Vom Sorgenkind zum Musterschüler
Immerhin ein europäisches Land hat aus der Krise gelernt, sagt der Vermögensexperte. Spanien entwickele sich allmählich zum Musterland der Eurozone – nachdem die Regierung viele harte Reformen umgesetzt hat. Bislang habe es nur Spanien geschafft, mit der Banco Popular eine Bank nach den Ideen und Regeln der Europäischen Bankenunion zwangsabzuwickeln, betont Böckelmann.

Der Erfolg der harten Linie: Spanien freut sich über deutlich sinkende Arbeitslosenzahlen und ein Wachstum von mehr als drei Prozent pro Jahr. "Davon sind andere Länder im Euro-Raum weit entfernt", so der Experte. (fp)