Der britische Vermögensverwalter Jupiter AM ruft beim Blick auf die europäischen Aktienmärkte zum Optimismus auf. Zwar befinde sich Europa gerade "im Auge des Sturms", vor allem wegen seiner Nähe zum Ukraine-Krieg und der Abhängigkeit von russischer Energie. Der Druck auf die Unternehmensgewinne nimmt zu, die Inflation senkt die Rentabilität der Unternehmen und steigert die Unsicherheit der Verbraucher. Und doch dürfe man angesichts der schlechten akuten Lage die langfristige Perspektive nicht aus dem Auge verlieren, mahnt Europa-Fondsmanager Mark Heslop in einem aktuellen Marktkommentar. Er sieht gleich mehrere Gründe dafür, gerade jetzt europäische Aktien zu kaufen.

So geht Heslop davon aus, dass die Auswirkungen des Krieges globaler Natur sind, sodass sich die Energiepreise wahrscheinlich im Laufe der Zeit weltweit angleichen. Das wäre für Europa eine gute Nachricht, da hier der Anstieg bisher besonders groß war. Auch der Inflationsdruck könnte in der EU geringer sein als in den USA oder auch in Großbritannien, nicht zuletzt wegen der höheren Arbeitslosigkeit. Zugleich ist das Vertrauen der europäischen Verbraucher so niedrig wie noch nie seit Beginn der Datenaufzeichnung im Jahr 1985. Das wiederum lässt für die Zukunft hoffen, denn: "Bei jedem der bisherigen Vertrauens-Wendepunkte hat der Markt im darauffolgenden Zwölf-Monats-Zeitraum hohe zweistellige Renditen erzielt." Man wisse bloß nicht, wann die Talsohle durchschritten sei. 

Überzeugende Abschläge gegenüber dem US-Markt 
Die Bewertungen europäischer Aktien liegen aktuell gemessen an den erwarteten KGVs bereits wieder auf dem niedrigen Niveau während der Euro-Krise, wie Heslop erläutert. Zugleich seien die Bewertungsabschläge gegenüber den USA massiv gestiegen. Auf der Basis des erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnisses handele der S&P 500 derzeit mit einem Aufschlag von 44 Prozent gegenüber dem Stoxx Europe. Der durchschnittliche Aufschlag seit August 1995 lag nur bei 19 Prozent.

Und schließlich sind die Unterschiede zwischen Aktienerträgen und Renditen langfristiger Anleihen in Europa viel höher als in den USA. Die Daten dazu: Die Rendite am US-Aktienmarkt liegt derzeit 2,8 Prozent über zehnjährigen Anleiherenditen. In Europa liegt der Abstand bei 7,4 Prozent. "Dieser Unterschied von 4,6 Prozentpunkten zwischen den beiden Märkten scheint zu überzeugend, um ihn zu ignorieren", schreibt Heslop. Unternehmen mit nachhaltiger Preissetzungsmacht und widerstandsfähigen Geschäftsmodellen könnten langfristig die besten Renditen erzielen. (fp)