Guido Barthels verhehlt nicht, wer ihm als neuer US-Präsident lieber gewesen wäre: "Hillary Clinton hätte uns, trotz ihrer Defizite, in der Komfortzone belassen", sagt der Chefanlagestratege des Fondsanbieters Ethenea. Doch Wünschen helfe jetzt nicht mehr. "Hätte, hätte Fahrradkette", zitiert Barthels das Bonmot des deutschen Ex-Finanzministers Peer Steinbrück.

"Donald Trump ist aus genau den Gründen gewählt worden, für die Clinton scheinbar eintrat", sagt Barthels. Mit seinem populistischen Wahlkampf stehe Trump für Veränderung und ein Verlassen der eingetretenen Pfade, "ähnlich wie Ronald Reagan, der 1980 die Wahlen zum 40. Präsidenten haushoch gewann", erinnert der Ethenea-Portfoliomanager. Und ebenso wie Reagan werden auch bei Trump zwischen Wort und Tat schon bald große Lücken klaffen. "Reagan wollte laut Wahlprogramm die Vereinten Nationen abschaffen, was ihm dann offenbar doch nicht gelang. Ähnliches können wir auch von Präsident Trump erwarten", ist Barthels gewiss. Motto: Es werde eben nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird.

Das gelte prinzipiell auch für die Kapitalmärkte. "Sobald sich die ersten Emotionen gelegt haben, dürften die Märkte erst einmal in ihre angestammten Handelsspannen zurückkehren", zeigt sich Barthels verhalten zuversichtlich. Schon nach der gestrigen Siegesrede von Trump hatte die Stimmung urplötzlich gedreht, als Anlegern klar wurde, dass die mehr als angedeuteten Infrastrukturinvestitionen möglicherweise doch für das ein oder andere Unternehmen positiv sein könnten. "Und auch die Trump'schen Steuersenkungen, so sie denn kommen, würden positive Auswirkungen auf die Unternehmensgewinne haben", meint Barthels. Allerdings sei zum jetzigen Zeitpunkt mehr als zweifelhaft, ob die republikanische Mehrheit in beiden Häusern diese Politik mitttrage, wo doch Republikaner eher nicht für schuldenfinanzierte Staatsausgaben stehen.

US-Leitzinserhöhung bleibt im Blickfeld
Inwieweit der Wahlausgang die Entscheidung der US-Notenbank beeinflusst, lasse sich aktuell nur schwer erfassen. "Wir vermuten, dass es weiterhin die Wirtschaftsdaten sein werden, die die Notenbankpolitik bestimmen", stellt Barthels klar. Daher spreche einiges dafür, dass im Dezember der nächste Zinsschritt der US-Fed erfolge.

"Wir erwarten daher eine Korrektur der Korrektur an den Aktienmärkten, also eine Rückkehr der 10-jährigen US-Rendite unter 1,85 Prozent und des US-Dollar gegenüber dem EUR unter das Niveau von 1,1100", präzisiert Barthels. Die Positionierung betreffend bleiben die Ethenea-Fonds weiter auf Risikoaversion getrimmt. "Wir werden lediglich gelegentlich und opportunistisch interessante Investitionsgelegenheiten ergreifen und bleiben insgesamt wachsam," schlussfolgert Barthels in seiner Wahl-Nachlese. (ps)