Für Asset Manager wird es zunehmend zur existenziellen Frage, ob sie die immer dringlicher werdenden Nachhaltigkeitsbedürfnisse ihrer Kunden wirklich bedienen können. Das legt eine Studie von LGT Capital Partners unter gut 200 institutionellen Investoren nahe – darunter auch einige österreichische Pensionskassen.

Darin sagen 47 Prozent der Befragten, dass sie schon einmal Anlagemanager aufgrund von ESG-Bedenken (Environmental, Social and Governance) ausgeschlossen haben. Drastisch höher ist dieser Anteil bei erfahrenen ESG-Investoren. Unter den Teilnehmern, die ihr Geld schon sieben Jahren oder länger unter Sustainability-Aspekten veranlagen, geben 76 Prozent den ESG-bedingten Ausschluss eines Managers zu Protokoll.

Je ESG-erfahrener, desto überzeugter
Die Tatsache, dass LGT CP in zahlreichen Punkten die Erfahrung der Investoren mitabgefragt hat, fördert weitere interessante Ergebnisse zutage: Zum Beispiel sind erfahrene ESG-Investoren sehr deutlich von den Renditevorteilen überzeugt, während Unerfahrene diesen Punkt nicht sehen: Unter den Institutionellen, die sich sieben Jahre oder mehr mit Nachhaltigkeit beschäftigen, sagen 62 Prozent, dass der ESG-Aspekt das Rendite-Risiko-Verhältnis verbessert. Dagegen gehen nur 25 Prozent derer, die bis jetzt nicht ESG-aktiv sind, davon aus, dass Nachhaltigkeit die risikoadjustierten Renditen verbessert.

"Das ist schon eine ziemlich starke Aussage und ein großer Unterschied zu den Diskussionen über Rendite, die wir vor ein paar Jahren geführt haben", zeigt sich Keimpe Keuning, einer der Geschäftsführer von LGT CP, von dem deutlichen Ergebnis überrascht. "Die Mehrheit der erfahrenen Investoren sagt, dass sich ein ESG-Investment lohnt. Es hat sich die Meinung durchgesetzt, dass das wirklich etwas bringt", so Keuning bei der Vorstellung der Studie in Wien.

Je erfahrener, desto wichtiger werden Soziales und Governance
Das Top-Thema punkto Nachhaltigkeit ist bei den institutionellen Investoren – genau so wie bei Kleinanlegern – die Umwelt. Dagegen werden soziale Faktoren oder Aspekte der Unternehmensführung, die ebenso in einem ESG-Ansatz vertreten sein müssten, noch wenig berücksichtigt. Das spiegelt auch den Stand der Regulatorik wider. So hat der "EU-Aktionsplan für nachhaltiges Finanzwesen" einen Taxonomie-Vorschlag (Klassifikationssystem, was nachhaltig ist) nur für das Kriterium Umwelt vorgelegt.

Aber auch diesbezüglich könnten institutionelle Investoren Vorreiter sein. "Natürlich ist es angesichts der Dringlichkeit berechtigt, dass Umwelt hoch angesetzt wird. Allerdings zeigt sich in der Studie bereits, dass Investoren mit zunehmender ESG-Erfahrung auch andere Themen stärker berücksichtigen", sagt Alexander Zanker, Geschäftsführer und Verantwortlicher für die ESG-Analyse bei LGT CP.

Hohes Wachstumspotenzial
Auf die Asset Manager, die den Anschluss an die neuen Kundenerwartungen nicht verlieren wollen, dürfte jedenfalls einige Arbeit zukommen, wie die Studie ebenfalls zeigt. Die Nachhaltigkeits-Anforderungen der Investoren sind kurz und mittelfristig nämlich sehr hoch – insbesondere, wenn es um die noch relativ jungen UN-Entwicklungsziele (SDG) geht, die sich gerade zur neuen "Leitwährung" im Nachhaltigkeitsuniversum entwickeln. So bewerten aktuell zwar erst zehn Prozent der befragten Investoren, wie sich ihr Anlageverhalten auf die SDG auswirkt. Aber 40 Prozent haben genau das in den kommenden zwei Jahren vor. Hier müssen also adäquate Bewertungsmethoden vorgelegt werden.

Die 2016 in Kraft getretenen 17 UN-Ziele für die nachhaltige Entwicklung (SDG) wurden von 193 Ländern unterzeichnet. Sie beinhalten 169 Unterziele und verfolgen Vorhaben wie Armutsbekämpfung, Beseitigung von Ungleichheit, Sicherung von Leben am Land und im Wasser. Bei der LGT CP habe man ein Software-Tool eingerichtet, das den Impact eines Kundenportfolios auf die einzelnen Ziele visualisiert und das zeigt, wie stark sich Änderungen im Anlageverhalten auswirken.

Kleine Bewegung, großer Effekt
"Nachdem es oft um Milliardenportfolios geht, haben kleine Verschiebungen bereits einen großen Effekt", so Zanker. In der Beratungspraxis versuchen Asset Management und Investor anhand der SDG-Messung gemeinsam einen ausgewogenen Plan zu erstellen. Seltener – eher in Skandinavien – kommen Investoren konkret mit dem Anliegen, dass spezielle Bereiche wie Gleichberechtigung übergewichtet werden sollen. "Man rückt da schon wieder in die Nähe von Themeninvestments und muss sich bewusst sein, dass es dadurch auch zu Einschränkungen kommen kann", so Kollege Keuning.

Die am Markt bereits öfter vorgebrachte Ansicht, dass die österreichischen Pensionskassen bei ESG besonders engagiert sind, bestätigen die beiden Manager. In den deutschsprachigen Ländern seien die "Austro-Institutionellen" jene, die bei Nachhaltigkeit am härtesten nachfragen. (eml)