Nach Ansicht von Svedberg sei dieses Ungleichgewicht schwer zu erklären, da die eigene Regierung als das gemeinhin größte Problem Russlands gesehen werde. Dieses müsste einen Einfluss sowohl auf die Bewertung der Aktien als auch der Anleihen haben.

Der Spread zwischen den Renditen von zehnjährigen Anleihen und Aktienrenditen betrug in der Regel um die fünf Prozent und blieb vor Beginn der Finanzkrise deutlich unter zehn Prozent. "Heute beträgt die Spanne fast 20 Prozent. Dieser Trend ist auch sichtbar, wenn man sich nur russische Aktien anschaut. Diese sind annähernd 50 Prozent billiger als ihr zehnjähriger Durchschnittswert", so der Chefvolkswirt des schwedischen Vermögensverwalters.

Enorme Fortschritte werden nicht bemerkt
Laut Svedberg gebe es unter Aktienanlegerneine allgemein vorherrschende Meinung, Russland hätte ein Regierungsproblem – sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor. Ausgiebige Diskussionen mit Investoren legen die Vermutung nahe, diese hätten Probleme mit der Korruption, Unternehmensführung und den Geschäftskosten in Russland. "Dabei werden nur die negativen Seiten beleuchtet und die enormen Fortschritte nicht bemerkt", meint der Wirtschaftsexperte.

Investoren konzentrieren sich eher auf Negativaspekte
Die neusten Antikorruptionsmaßnahmen und der WTO-Beitritt werden ebenso wenig beachtet, wie die Tatsache, dass Russland in der aktuellen "Doing Business"-Studie der Weltbank noch vor Brasilien und Indien stehe. "Investoren konzentrieren sich eher auf Negativaspekte, wie den Pussy Riot-Prozess und halten Russland für eine Scheindemokratie, während sie fröhlich in China investieren", so Svedberg. Ein gewisses Maß an Skepsis sei keine schlechte Sache, aber manchmal habe man den Eindruck, Aktienanleger werden emotional, sobald es um Russland gehe.

Sind Anleiheinvestoren zu naiv?
Im Gegensatz dazu dränge sich die Frage auf, ob Anleiheinvestoren zu naiv seien. Anleihemärkte würden doch in der Regel sehr sensibel auf politische und makroökonomische Probleme reagieren. Wieso dann die hohe Bewertung? "Es wäre verführerisch zu behaupten, die Investoren denken kurzfristig, denn solange die Ölpreise hoch bleiben, bleibt die Wirtschaft auf einem festen Fundament. Nach Meinung der Analysten bleibt dies kurz- bis mittelfristig auch so", kommentiert Svedberg. Eine ähnliche Erklärung könnte sein, dass die Anleiheinvestoren zynischer als die Aktienanleger sind. Sie kümmerten sich nicht um Marktsteuerung oder die öffentliche Meinung über den Heimatmarkt, solange das Verhältnis von Risiko und Belohnung stimme.

"Ich glaube, beide Investorengruppen liegen falsch. Russische Anleihen werden zu hoch gehandelt und die Aktien sind zu billig. Diese große Diskrepanz ist über einen größeren Zeitraum nicht aufrechtzuerhalten, deswegen werden sich die Preise wieder annähern", ist Svedberg abschließend überzeugt. (mb)

Den vollständigen Kommentar inklusive Grafiken finden Sie im anschließenden englischsprachigen PDF-Dokument zum Download.