In Osteuropa habe die Politik zuletzt enttäuscht, sagt Marcus Svedberg, Chefvolkswirt beim schwedischen Vermögensverwalter East Capital. "Wenn die Weltwirtschaft zu kämpfen hat und die Finanzmärkte unter Druck stehen, ist es umso wichtiger, dass die Politiker einen starken und positiven Führungsstil demonstrieren", sagt Svedberg. In Osteuropa hätten sie diesbezüglich versagt.

Politiker hätten an zwei Fronten Fehler gemacht. Erstens hätten sie viele falsche Entscheidungen bei aktuellen Angelegenheiten getroffen, zweitens zu gegen strukturelle Probleme unternommen. Man könne verstehen, dass es nach Jahrzehnten des Umbruchs so etwas wie eine Reformmüdigkeit gäbe, sagt Svedberg. "Aber jetzt damit aufzuhören ist keine gute Idee."

Polizeigewalt und Korruption schaden der Wirtschaft
Das harte Durchgreifen in Russland und der Türkei gegenüber der Opposition sei eine Schande. "Die Tatsache, dass die neue junge und gebildete Mittelschicht politisch aktiv wird, nach mehr Transparenz und Demokratie sowie weniger Korruption und Autoritarismus verlangt, sollte begrüßt und nicht unterdrückt werden", sagt Svedberg. Auch in Zentraleuropa sei die Liste der politischen Fehltritte lang. In Ungarn, Polen, Tschechien, den Balkanstaaten, Rumänien und Bulgarien grassiere die Korruption.

Das politische Unvermögen sei nicht nur kurzfristig schlecht für die Wirtschaft und die Märkte, sondern könne auch dazu führen, dass die strukturellen Probleme noch schwerer zu lösen seien. Es gebe drei große Problemfelder: Die Korruption müsse bekämpft werden, geschäftliche Aktivitäten müssten erleichtert und kapitalgedeckte Rentensysteme geschaffen werden.

Das Baltikum zeigt sich mustergültig
Es sei aber nicht alles schlecht. Die baltischen Staaten und insbesondere Estland hätten die meisten Dinge richtig gemacht oder es zumindest vermieden, große Fehler zu machen. Außerdem scheine die EU als disziplinierende Kraft für neue und angehende Mitglieder zu funktionieren. "Auf Länder wie Russland und Türkei haben die EU und andere internationale Institutionen zwar weniger Einfluss, aber die Tatsache, dass einfache Menschen gegen Machtmissbrauch auf die Straße gehen, ist ermutigend", sagt Svedberg. (ww)