Leistungsbilanzdefizite von Staaten rücken wieder stärker in den Fokus von Investoren, beobachtet Marcus Svedberg, Chefvolkswirt des schwedischen Vermögensverwalters East Capital. "Eine ausgeglichene Leistungsbilanz ist im Zuge der Tapering-Debatte wieder entscheidungsrelevant bei der Wirtschafts- und Finanzanalyse geworden." Der Hintergrund: Sobald die US-Notenbank oder andere Notenbanken beginnen, ihre Anleiheaufkaufprogramme zu reduzieren, werde die globale Liquidität schrumpfen. Dadurch werde es für Staaten immer schwieriger und teurer, Leistungsdefizite zu finanzieren. "Das wird besonders Entwicklungsländer hart treffen, weil viele ein erhebliches Leistungsbilanzdefizit relativ zum Bruttoinlandsprodukt haben", sagt Svedberg.

Laut einer Faustregel werde ein Leistungsbilanzdefizit problematisch, sobald es fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts übersteigt, rechnet Svedberg vor. "Besonders die Türkei und Südafrika geben momentan Grund zu Sorge, da in beiden Fällen von einer Ausweitung des Bilanzdefizits ausgegangen wird", sagt Svedberg. Auch Brasilien, Russland, Indien und Malaysia steuerten in dieser Hinsicht in die falsche Richtung. Die Ursachen seien vielfältig, meint Svedberg. In der Türkei und in Indien hätten eine Energieunterversorgung und niedrige Exporterlöse einen erheblichen Anteil an den aktuellen Leistungsbilanzdefiziten. Brasilien und Indonesien hingegen hätten einen ausgeglichenen Handel, seien zuletzt aber von starken Mittelabflüssen durch ausländische Investoren getroffen worden. "Die Ursachen der Defizite zeigen uns nur wenig über ihre kurzfristige Trendentwicklung, dafür aber umso mehr über langfristige Entwicklung", sagt Svedberg. (cf)