Die Krise in der Türkei spitzt sich zu, Entspannung ist nicht in Sicht. Das CIO-Office der DWS um Chefanlagestratege Stefan Kreuzkamp hat zwei Wege ausgemacht, wie Ankara seine Probleme in den Griff bekommen könnte. Der erste ist eine starke Zinsanhebung, um Inflation und Kapitalflucht zu bremsen und wieder mehr ausländisches Geld anzulocken. Der zweite ist ein Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF), der die Sorgen ausländischer Kreditgeber zumindest auf kurze Sicht ausräumen könnte.

Gegen beide Wege spricht allerdings ein gewichtiges Argument: Recep Tayyip Erdogan. Der türkische Staatspräsident hat eine Aversion gegen hohe Zinsen – nicht ganz zu Unrecht, denn höhere Zinsen könnten Konjunkturrisiken für die türkische Binnenwirtschaft mit sich bringen. Auch gegen einen IWF-Kredit hätte Erdogan vermutlich etwas einzuwenden, sagen die DWS-Experten. Das übliche Vorgehen des IWF in solchen Fällen hätte nämlich ein Ende der fiskalischen Geschenke an die Wähler zur Folge.

Washington wäscht seine Hände in Unschuld
Die USA haben bereits signalisiert, dass sie eine Rettungsaktion internationaler Institutionen in der Türkei nicht mittragen würden. "Die Finanzkrise der Türkei wurde von den USA nicht verursacht, sondern höchstens ausgelöst", sagt Elke Speidel-Walz, Chief Economist Emerging Markets bei der DWS. "Dass Ankara die Inflation außer Kontrolle geraten ließ und sich zur Finanzierung des Leistungsbilanzdefizits auf kurzfristige ausländische Kredite verließ, ist im wesentlichen Grund der Krise."

Anlegern bleibt den DWS-Strategen vorerst nichts anders übrig, als abzuwarten, ab welchem Druck Erdogan nachgibt – oder ob weiterer Druck ihn erst recht dazu animiert, an seiner Linie festzuhalten. Unterstützung aus China oder Russland könnte ihm eventuell dabei helfen, die aktuelle Situation noch länger auszusitzen, vermuten die Anlageexperten der Fondsgesellschaft. (fp)