Der Anleihemarkt gilt als wichtiges Indiz dafür, wie sich die US-Konjunktur künftig entwickeln wird, sagen viele Wall-Street-Experten. Zuletzt entwickelte er sich allerdings eher ungewöhnlich. Nach der jüngsten Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) der US-Notenbank Fed etwa stiegen die Renditen für zehnjährige US-Staatsanleihen stark in die Höhe. Grund ist demnach die angekündigte Reduktion der Anleihekäufe durch die Zentralbank. "Dies sollte sich jedoch hauptsächlich in steigenden kurzfristigen Renditen niederschlagen, da dann auch mehr oder frühere Zinserhöhungen wahrscheinlicher würden", schreiben Experten des Vermögensverwalters DWS in einem aktuellen Marktkommentar. "Stattdessen fiel der Anstieg bei Renditen zweijähriger Treasuries moderat aus."
 
Diese Entwicklung bahnte sich bereits im Sommer 2020 an. Damals begannen die nominalen Renditen zehnjähriger Staatsanleihen ebenso wie die Inflationserwartungen zu steigen. Ab März des laufenden Jahres entwickelten sich die Realrenditen zwar weiterhin nach unten, allerdings weniger stark als zuvor. "All dies scheint mit einer boomenden US-Wirtschaft im Zuge der Wiedereröffnung gut vereinbar", schreiben die DWS-Experten.

Rätsel um Rendite-Anstieg
Die Ursache für diese Entwicklung bleibt allerdings rätselhaft. Die Emissionen des US-Schatzamtes müssten die Märkte im Voraus eingepreist haben. Auch der jüngste US-Haushaltsbeschluss bietet keine plausible Erklärung und müsste die Renditen eher drücken, da weniger Ausgaben geplant sind, erklären die Marktprofis der DWS. Ebenso wenig die politischen Kämpfe rund um die Schuldenobergrenze: "So stiegen die Kosten für die Versicherung gegen den Zahlungsausfall der US-Regierung Mitte September tatsächlich ein wenig – aber nur um wenige Basispunkte und lange bevor diese beängstigenden Schlagzeilen eintrafen." Die wahre Ursache für den langfristigen Anstieg der Staatsanleiherenditen muss demnach erst noch gefunden werden. (fp)