Nach dem "Brexit" ist womöglich vor dem "Czechout". Auch andere pfiffige Wortkreationen wie Italeave, Finish, Oustria und Departugal werden seit dem Referendum in Großbritannien unter Investoren eifrig diskutiert – die Möglichkeit also, dass Tschechien, Italien, Finnland, Österreich oder Portugal es dem Vereinigten Königreich gleichtunn. Politiker befürchten, dass das Vereinigte Königreich in anderen EU-Ländern Nachahmer finden wird. Für die EU und die Währungsunion wäre das der GAU.

Das Analysehaus Sentix berechnet für die einzelnen Euro-Länder sogenannte Exit-Indizes. Sie zeigen an, wie hoch die Finanzmärkte die Wahrscheinlichkeit einschätzen, dass ein bestimmtes Land innerhalb eines Jahres die Eurozone verlässt.

Als nächstes "NExit"?
Besonders kritisch ist die Lage offenbar in den Niederlanden: Jeder elfte Investor rechnet damit, dass die Niederlande in den kommenden zwölf Monaten aus dem Euro aussteigen, berichtet die Zeitung "Die Welt". Ähnlich äußerte sich vor wenigen Tagen auch Jens Ehrhardt: "Besonders leicht könnte es zu einem neuen Referendum in Holland kommen. Holland steuert netto fast ebenso viel in den EU-Haushalt bei wie Großbritannien und könnte wegen der Euro-Nachteile – keine flexible Währung, überbezahlte Bürokratie in Brüssel – als nächstes aussteigen, was als Euro-Land noch größere Konsequenzen hätte", sagte der renommierte Vermögensverwalter im Gespräch mit FONDS professionell ONLINE.

Der Nexit-Index von Sentix ist in den vergangenen Tagen von 0,2 auf satte 8,1 Prozent gestiegen. Grund dafür sind vor allem die verbalen Ausfälle des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders, der nach dem Brexit als erster Euro-Politiker ein eigenes Referendum gefordert hatte.

Deutschland als Fels in der Brandung
Auch in Italien und Finnland ist nach Ansicht von diversen Investoren die Gefahr gestiegen, dass die Länder sich aus der Währungsunion verabschieden. Der Ixit-Index steht derzeit bei rund fünf Prozent, der Fixit-Index bei 4,2 Prozent. In Italien sorgt ein Mix aus politischen und wirtschaftlichen Problemen für wachsende Euro-Müdigkeit. In Finnland nimmt der Unmut über den Euro ebenfalls zu. In beiden Ländern nutzen Populisten diese Stimmung gezielt aus.

Einen Austritt Deutschlands aus dem Euro halten Investoren dagegen für wenig bis gar nicht wahrscheinlich. Das ist überraschend: Während der Euro-Schuldenkrise lagen die deutschen Werte auf vergleichsweise hohem Niveau. Der Brexit werde in Deutschland offenbar vor allem als politisches Problem gesehen, sagte Sentix-Stratege Manfred Hübner gegenüber der "Welt". (fp/ps)