Wieso fand die Goldpreis-Rally Ende der 1980er Jahre ein abruptes Ende? Und könnte sich Ähnliches angesichts der gegenwärtigen Preisschwäche wiederholen? Zur Beantwortung dieser Frage müsse man etwas ausholen, meint Thorsten Polleit, Chefökonom beim Goldhandelsunternehmen Degussa.

Schon Anfang 1968 habe der Marktpreis des Goldes – er lag bei 35 US-Dollar pro Feinunze – über die offizielle Parität zu steigen begonnen. Grund seien Zweifel gewesen, ob die USA noch in der Lage seien, der Goldeinlösepflicht des USDollar nachzukommen. "Sie waren es nicht", stellt Polleit klar. Folge: Um den Abzug des Goldes zu stoppen – immer mehr Länder präsentierten ihre US-Dollar und wollten sie im Gegenzug in Gold eintauschen – beendete US-Präsident Richard Nixon am 15. August 1971 die Einlösbarkeit des US-Dollar in Gold.

Ein drastischer Goldpreisanstieg war die Konsequenz. Denn nicht nur der US-Dollar, sondern auch alle anderen Währungen der Welt waren nun vom Gold gelöst. Polleit weiter: "Die Regierungen und ihre Zentralbanken missbrauchten das, um eine Inflationspolitik zu betreiben, verbunden mit dem ersten und zweiten Ölpreisschock. Am 21. Januar 1980 erreichte der Goldpreis kurzzeitig 850 US-Dollar je Unze, was einem Anstieg von rund 2.429 Prozent gegenüber der ursprünglichen offiziellen Parität entsprach. Doch danach setzte ein merklicher Rückgang des Goldpreises ein."

Die US-Zentralbank machte sich unter Paul Volcker – dem neuen Zentralbankchef, den US-Präsident Ronald Reagan nominiert hatte – daran, die hohe Inflation, für die sie selbst zuvor gesorgt hatte, abzusenken. "Dazu erhöhte sie die Zinsen", so Polleit, "und zwar so stark, dass die realen Zinsen deutlich positiv wurden. Die Nachfrage nach US-Dollar und anderen ungedeckten Papierwährungen stieg wieder an und schmälerte die Gold-Nachfrage. Der Goldpreis fiel."

Wiederholt sich die Geschichte?
Zwei Gründe sprächen laut Polleit dagegen: Einmal sei der Goldpreisanstieg, der in den frühen 70er Jahren Fahrt aufnahm, gewaltig gewesen und zwar viel stärker als der Goldpreisanstieg, der mit Beginn des 21. Jahrhunderts einsetzte (siehe hierzu die nachstehende Grafik). Die Sorge um den Kaufkraftverfall des Geldes sei damals groß gewesen, viel größer, als es in den vergangenen 16 Jahren zu beobachten gwesen sei. Die offizielle Inflation der Konsumentenpreise war in den 1970er und frühen 1980er Jahren für alle sichtbar und ihre Kosten spürbar.

In den letzten 16 Jahren war das anders: Die Inflation der Konsumentengüter ging zurück, und es war die Inflation der Vermögenspreise, die in die Höhe ging  – die jedoch viele Menschen nicht als "echte Inflation“ begreifen. Polleit: " Als sich die Inflationssorgen zurückbildeten, war in den frühen 1980er Jahren das Rückschlagspotenzial beim Goldpreis entsprechend groß."

Der zweite Grund, dass es kein Déjà-vu gibt, sei die Tatsache, dass die Fed die US-Wirtschaft Anfang der 1980er Jahre in eine "Stabilisierungsrezession“ geschickt habe, um die Inflationserwartungen zu brechen und den allgemeinen Preisauftrieb zu senken. Eine solche Geldpolitik sei damald durchaus möglich gewsen, so Polleit: "Die ausstehenden Schulden waren noch relativ niedrig. Heute stehen die Dinge jedoch anders: Die Verschuldung ist extrem stark angeschwollen. Ein starkes Ansteigen der Realzinsen würde das Konjunkturgebäude und die Finanzmärkte einbrechen lassen. Eine Rezession, möglicherweise auch eine ausgewachsene Depression, stünde ins Haus. Dass die Fed ein Zinsmanöver vollzieht wie in den frühen 1980er Jahren, ist daher sehr unwahrscheinlich."

 
Das Phänomen hoher Schulden und niedriger Zinsen ist übrigens kein amerikanisches Phänomen. Es zeigt sich in nahezu allen entwickelten Volkswirtschaften. Der Grund: Sie alle verwenden ungedecktes Papiergeld, das durch Kreditvergabe in Umlauf gebracht wird. Polleit zu den Folgen einer solchen Politk: "Die Verschuldung steigt stärker, als die Einkommen zunehmen. Mit anderen Worten: Die Verschuldungslast steigt im Zeitablauf an. Letztere ist wiederum nur tragbar, wenn die Zentralbanken die Zinsen auf immer niedrigere Niveaus schleusen beziehungsweise ihren Anstieg verhindern. Aus diesem prekären Prozess gibt es keinen leichten Ausstieg – und vermutlich wird auch der neue US-Präsident diese Aufgabe nicht angehen wollen, zumindest nicht gleich zu Beginn seiner Amtszeit."  

Kein Fed-Bremsmanöver wie in den 80er-Jahren absehbar 
Zusammengenommen sei es wahrscheinlich, dass unter Präsident Donald Trump zwar wirtschaftsbelebende Maßnahmen auf den Weg gebracht würden, und dass die Fed auch die US-Zinsen leicht ansteigen lasse, sodass sie in realer Rechnung wieder auf die Nulllinie beziehungsweise leicht darüber stiegen, meint Polleit. Aber ein Bremsmanöver der Fed, indem sie den Zins deutlich anzöge – etwa vergleichbar wie in den 1980er Jahren –, sei angesichts der mittlerweile sehr hohen Schuldenlast sehr unwahrscheinlich. Eine Rückkehr zu normalen Zinsen sei - zumindest bis auf weiteres - wenig wahrscheinlich. (kb)