"Analystenstudien lese ich nur, wenn die Witzeseite der Tageszeitung gerade nicht zur Hand ist", bekannte Warren Buffett einst. Wie recht der Börsenaltmeister mit seinem spöttischen Statement hat, zeigt eine Auswertung der Sutor Bank.

Die Hamburger haben sich die veröffentlichten Dax-Prognosen verschiedener Finanzexperten und Bankhäuser seit 1997 angeschaut und nachgerechnet, wie sehr die Einschätzungen für das Leitbarometer von dessen tatsächlicher Jahresrendite abwichen. Ergebnis: Anleger und Berater sollten die Ausblicke – ganz im Buffettschen Sinne – eher als Amüsement denn als Basis für konkrete Investmententscheidungen verstehen. "Falls ein Investor die Prognosen für seine Anlagestrategie berücksichtigen wollte, könnte dies großen Schaden anrichten“, warnt Lutz Neumann, Leiter der Vermögensberatung der Sutor Bank.

Tatsächlich fällt das Fazit der Sutor-Bank-Rückrechnung für die Analystenzunft auf den ersten Blick verheerend aus: Allein in 13 der letzten 20 Jahre lag die Abweichung zwischen durchschnittlicher Prognose und tatsächlicher Performance des Dax bei mehr als zehn Prozentpunkten. Nicht ein einziges Mal landeten die Indexgucker einen Volltreffer, und was fast noch schwerer wiegt: Selbst die Einschätzung, ob der Dax in einem Jahr gewinnt oder verliert, entpuppt sich beim Realitätscheck eher als Ratespiel. Dabei stellt die Sutor-Studie einen leichten Hang zum "Berufsoptimismus" fest: Im Durchschnitt fallen fast alle Erwartungen für die Dax-Entwicklung des nächsten Jahres positiv aus. Lediglich in zwei Jahren (2000 und 2016) waren die Prognosen im Schnitt negativ – und dennoch falsch.

Langfristig dennoch brauchbar
Obwohl die Autoren zu dem vernichtenden Ergebnis kommen, die Prognosen seien "kurzfristig sinnlos", spendet Neumann auch Trost: "Die Betrachtung des langfristigen Durchschnitts der Vorhersagen zeigt, dass auch ein Stückchen Wahrheit darin steckt", erklärt der Sutor-Experte.

Mit Blick auf die letzten 20 Jahre beträgt der jährliche Durchschnitt aller Dax-Schätzungen 8,55 Prozent. Das ist kaum mehr als die 7,14 Prozent per annum, die der Dax seit 1997 tatsächlich zulegte. "Anleger sollten sich jedoch grundsätzlich unabhängig von Prognosen auf ihre langfristige Portfoliostrategie konzentrieren", rät Neumann.

Auch, wenn viele Berater um die geringe Zuverlässigkeit von Index-, Währungs- oder anderen Preisprognosen wissen: Völlig verzichten möchten wohl die wenigsten darauf. Für Ende 2017 erwarten die Auguren für den Dax übrigens im Schnitt einen Endstand von 11.713 Punkten – also ein rechnerisches Plus von 2,02 Prozent gegenüber dem Jahresendstand 2016. (ps)