Investoren werden sich zukünftig vielleicht mit Wehmut an die derzeit "goldenen" Anlagezeiten zurückerinnern. Denn die Weltwirtschaft befindet sich derzeit im besten aller möglichen Investment-Szenarien – einem "Goldlöckchen“ genannten Umfeld mit geringer Inflation und stabilem Wachstums leicht oberhalb des erwarteten langfristigen Durchschnitts. Wie sich Investoren vor diesem Hintergrund positionieren sollten, erläutert Tine Choi, Chefstrategin der Danske Bank und Beraterin bei Danske Invest, in einer aktuellen Markteinschätzung.

Laut Choi sei diese Umgebung sowohl für Aktien als auch Anleihen positiv: "Bei der konkreten Abwägung beider Anlageklassen sind wir der Überzeugung, dass Aktien – obwohl stärker risikobehaftet – interessanter als Zinspapiere sind, da letztgenannte kaum noch Rendite abwerfen. Deshalb haben wir Aktien gegenwärtig um fünf Prozentpunkte gegenüber unserer langfristig geplanten Aufteilung zwischen Aktien und Zinspapieren übergewichtet. Unser Fokus liegt dabei auf europäischen Aktien."

Im Gegensatz dazu hat Danske Invest Anleihen um fünf Prozentpunkte untergewichtet. Es werde erwartet, dass sich der globale Aufschwung fortsetzt und dass sich die globale Konjunktur sowohl 2017 als auch 2018 über dem langfristigen Durchschnitt entwickeln wird. Darüber hinaus würden sich keine erhöhten Inflationsbelastungen abzeichnen – was gute Voraussetzungen für weiteres Wachstum am Aktienmarkt bedeutet.

Verlängerter Konjunkturaufschwung
Ein weltwirtschaftliches Wachstum, das weder zu hoch noch zu niedrig ist, führe in der Regel zu einem verlängerten Konjunkturaufschwung, da einerseits Umsätze und Erträge der Unternehmen steigen. Andererseits bedeuten die geringen inflationären Belastungen laut Choi, dass die Zinsen – und somit die Kosten der Kreditaufnahme – niedrig gehalten werden können, was die Nachfrage anregt. Die Folge: Das Risiko einer Überhitzung ist gering, und Rezessionsgefahren können vermieden werden.

Dies kommt laut Einschätzung Chois besonders den Aktienmärkten zugute, wobei sie nicht erwartet, dass die Kurse in vergleichbarer Geschwindigkeit wie vergangenes Jahr ansteigen. Denn die Beschleunigung des weltweiten Wachstums habe ihren Höhepunkt erreicht, und die Makrodaten deute nicht länger auf positive Überraschungen hin.

Hinzu komme, dass Indikatoren, die das Vertrauen in die wirtschaftliche Entwicklung messen,  in Europa, den USA und China allmählich zurückgehen – aber ausgehend von hohem Niveau. Und sie weisen weiterhin auf Wachstum hin, nicht auf einen Rückgang.

Aktien nur mehr mit begrenztem Potenzial
Dennoch spreche ein maßvolleres Wachstum für weniger stark steigende Unternehmensgewinne, was das Potenzial für weitere Kurszuwächse bei Aktien begrenze. "Deshalb haben wir unsere Übergewichtung von Aktien zuletzt von "erheblich“ auf "gemäßigt“ reduziert", erklärt Choi. Global haben Aktien in den vergangenen zwölf Monaten eine sehr überzeugende Rendite von rund 20 Prozent (gemessen in Euro) erzielt. "Aber bezogen auf die kommenden zwölf Monate erwarten wir geringere Zuwächse im Bereich von fünf bis acht Prozent. Gleichwohl ist dies immer noch eine reizvolle Rendite im Vergleich zu den niedrigen Erträgen von Anleihen", sagt Choi.

Solange das "Goldlöckchen“-Szenario anhält, könne es sich für Anleger als teuer erweisen, an der Seitenlinie zu warten. Die Herausforderung besteht allerdings darin, dass niemand wisse, wann sich diese beste aller Zeiten sich dem Ende zuneigt. Denn erstens sei die Prognose der Wendepunkte im Konjunkturzyklus sehr schwierig, und zweitens sei der derzeitige Aufschwung sehr weit von dem entfernt, womit Anleger im Allgemeinen vertraut sind 

Unebenheiten voraus
Wenn das "Goldlöckchen“-Umfeld endet, erwartet uns laut Einschätzung Chois eine höhere Volatilität auf dem Aktienmarkt als 2016. Dabei sei es unerheblich, ob sich die Bedingungen dadurch verändern, dass die Inflation zunimmt oder das Wachstum unerwartet sinkt. Beides werde die Euphorie der Aktien-Investoren erheblich belasten und könnte eine Rotation der Allokationen über Regionen und Sektoren hinweg auslösen.

"Daher halten wir es für wichtig, dass Aktien-Anleger bei ihrer Titelauswahl auf die richtige Streuung achten. So können sie ein Bollwerk errichten, das sie vor unnötig heftigen Kursverlusten in bestimmten Regionen oder Sektoren schützt."

Zwei Szenarien für den Rentenmarkt
Bei Anleihen seit laut Choi die Lage dagegen weniger klar: Sollte das "Goldlöckchen“-Szenario aufgrund steigender Inflation zu Ende gehen, würden die Renditen negativ getroffen, da die Verzinsung der Anleihen steigen und die Kurse fallen müssten.

Sollte das ideale Umfeld jedoch aufgrund abnehmenden Wachstums vorbeigehen, wäre die Wirkung entgegengesetzt. Die Anleihenotierungen könnten steigen, das Renditepotenzial würde aber durch die bereits sehr niedrigen Zinsniveaus der Papiere begrenzt. "Es gibt ein Limit, wie weit die Renditen vom gegenwärtigen Stand abweichen könnten – und daher auch ein denkbares Maß, innerhalb dessen die Kurse steigen könnten", erklärt Choi. (aa)