Geht es nach einigen Frankfurter Bankern, müsste Europa mehr tun, um der Wall Street Paroli zu bieten – etwa eine mächtige europäische Bank ins Leben rufen. Jacques Ripoll, Vorstandschef der Investmentbanking-Sparte der französischen Crédit Agricole, teilt diese Meinung nicht. "Es gibt keinen Bedarf, eine gigantische europäische Bank zu schmieden, und es gibt auch keine Pläne, das zu tun", zitiert ihn die "Süddeutsche Zeitung" (SZ).

Ripoll räumt zwar ein, dass Europas Banken groß genug sein müssen, um auf internationaler Bührne zu reüssieren und wettbewerbsfähig zu bleiben. Ab einer bestimmten Schwelle werden Kreditinstitute aber seiner Einschätzung nach zu komplex. Die Gründung einer europäischen Riesen-Bank wäre auch deshalb ein aufwändiges Unterfangen, weil es nach wie vor schwierig ist, identische Bankdienstleistungen über Grenzen hinweg anzubieten. Die EU-Mitgliedsstaaten und ihr jeweiliges Aufsichtsrecht sind zu unterschiedlich, urteilt der Crédit-Agricole-Manager.

Komplett anderer Ansicht ist Ripolls Zunftkollege Jamie Dimon. Europas Banken müssten bei Fusionen über Ländergrenzen blicken, um die volle Wirtschaftsmacht der Region zu nutzen und wettbewerbsfähiger zu werden, erläuterte der Vorstandschef von JPMorgan Chase & Co. "Wenn sich die Politik dagegen wehrt, werden sie für immer unterdurchschnittlich sein, und das ist nicht gut für ihre Wirtschaft", sagte Dimon am Donnerstag in einem Interview mit Bloomberg Television in Paris. "Sie sollten die Wahlmöglichkeiten hier wirklich durchdenken und zulassen, dass sich diese Banken zusammenschließen und paneuropäisch werden."

Kein Interesse an der Commerzbank
Davon ist man bei der Crédit Agricole derzeit noch weit entfernt. Die französische Großbank plant laut Ripoll keine Zukäufe in Deutschland: "Privatkundengeschäft in Deutschland ist nichts für uns." Damit fällt Crédit Agricole wohl als mögliche Käuferin für die Commerzbank aus. Laut SZ hatten Kreise innerhalb der Deutschen Bank zuletzt den Eindruck erweckt, die Bundesregierung wolle eine Fusion mit der Commerzbank vorantreiben, um ausländische Firmen davon abzuhalten, die Commerzbank zu schlucken.

Konkrete Anzeichen für ausländische Übernahmeversuche gibt es bislang allerdings keine. Auch die französische Großbank BNP Paribas hatte zuletzt durchblicken lassen, kein Interesse an der Commerzbank zu haben. (fp/ps)