"Trotz der zuletzt niedrigeren Wachstumsraten in China ist Asien noch immer der wichtigste Wachstumsmotor der Weltwirtschaft", erklärte Fabrice Jacob, CEO und Gründungspartner von JK Capital Management aus Hongkong, vor professionellen Marktteilnehmern in Wien. An der Boutique ist neben Mastermind Jacob auch der französische Asset Manager "La Francaise" beteiligt, der sich um die Betreuung der Investoren kümmert. Jacob verantwortet unter anderem als Lead-Manager den Aktienfonds La Francaise JKC Asia Equity (ISIN: LU0611874487), den La Francaise JKC China (ISIN: LU0611873836) Equity sowie große Mandate für Danske Bank und Russel Investments.

Der sehr erfahrene Vermögensprofi wies zu Beginn seines Vortrages darauf hin, dass im dritten Quartal sowohl der US-amerikanische als auch der chinesische Aktienmarkt von den großen Börsen zu den Top-Performern gehörten. Dafür verantwortlich waren unter anderen die Zuflüsse großer Kapitalsammelstellen, die im Falle Chinas nach einigen enttäuschenden Quartalen seit einigen Monaten auf eine bessere Zukunft spekulieren. Jacob wies darauf hin, dass seit Beginn 2016 immer weniger asiatische Unternehmen die Gewinnerwartungen verfehlen. "Das ist die stärkste Verbesserung seit zehn Jahren", merkte Jacob an. Während im vierten Quartal 2015 rund 60 Prozent der Unternehmen enttäuschten, lag dieser Wert für das zweite Quartal 2016 bei lediglich 43 Prozent und damit unter dem Durchschnitt der letzten Jahre von etwa 50 Prozent.

Andererseits muss auch angemerkt werden, dass nunmehr aufgrund reduzierter Erwartungen der "Basiseffekt" zum Tragen kommt. Das führt auch dazu, dass seit März 2016 das Gewinnmomentum asiatischer Unternehmen wieder zulegt. Investoren antizipierten diese Entwicklung bereits seit Februar 2016: Seitdem werden Gelder aus den OECD-Aktienmärkten abgezogen und zumindest teilweise in Richtung Schwellenländerbörsen gelenkt. "Märkte laufen typischerweise den Gewinn-Erwartungs-Revisionen voraus. Wenn ein Zyklus dreht, ist ein Blick auf das Kurs/Buchwert-Verhältnissen ein besserer Indikator für die Werthaltigkeit von Unternehmen als beispielweise das Kurs-Gewinn-Verhältnis, erklärte Jacob mit Verweis auf eine Übersicht der wichtigsten Bewertungskennziffern asiatischer Aktienindizes.

Niedriges KGV bei chinesischen H-Aktien
"Chinesische Aktien sind nach dortigen Standards derzeit günstig bewertet", merkte Jacobs an. Das KGV der in Hongkong notierten chinesischen "H"-Aktien liegt derzeit bei 8,3 und ist damit im historischen Vergleich am unteren Ende der Bewertungsspanne. Zum Vergleich: Vor der Finanzkrise betrug dieser Wert etwa 31. Auch beim Kurs/Buchwert-Verhältnis (KBV) gelten derzeit H-Aktien mit 1,0 im Vergleich zur Vergangenheit (Spitzenwert von 5,0 im Jahr 2007) sowie in Relation zu US-Aktien als billig.

Für Jacob sollten chinesische Aktien – auch auf Grund der oben genannten positiven Basiseffekte – in den kommenden zwölf Monaten zulegen. Vorsicht sei ab 2018 angebracht, weil dann neue Köpfe in die obersten Führungsetagen der Partei und damit des Staates gewählt werden könnten. Frisch aufgestiegene Parteifunktionäre könnten langfristige Reformen lancieren und damit kurzfristig für Unsicherheit unter den Investoren sorgen.

Schattenbankensystem strenger reguliert
"Die chinesische Regierung kümmert sich um die Lösung der diversen Probleme und widmet sich einem nach dem anderen", sagte Jacob. Betreffend das in den letzten Jahren ausufernde "Peer-to-Peer"-Lending (private Kreditvermittlung) wurden jüngst Gesetze erlassen, die Privaten lediglich eine Aufnahme von jeweils 200.000 Renminbi (umgerechnet. 26.700 Euro) bei maximal fünf Plattformen erlauben (FONDS professionell ONLINE berichtete). Bei Unternehmen liegt die Grenze bei einer Million Renminbi (rund 133.400 Euro) pro Plattform. Diesen vergleichsweise wenig regulierten Vermittlern ist ab August das Einlagengeschäft, die Gewährung von Garantien, die Emission von Asset-Backed-Securities oder der Vertrieb von Finanzindustrie untersagt.

Ausländer dürfen Schulden kaufen
Des Weiteren sorgte das kommunistische Regime dafür, dass die von Lokalregierungen lancierten Finanzvehikel ("Local Government Financial Vehikles", kurz: LGFV) einen Teil ihrer Schulden über den Rentenmarkt, zum Teil auch über Off-Shore-Transaktionen, refinanzieren konnten. Dadurch gewinnt einerseits der Dim-Sum-Bond-Markt an Volumen, andererseits exportieren die Chinesen allfällige Probleme respektive Schulden ins Ausland. "Das machen aber andere Länder auch", merkte Jacobs als Seitenhieb wohl auf US-Treasuries oder andere Finanzprodukte – insbesondere jene, die vor der Finanzkrise emittiert wurden – an. "Chinas Behörden beweisen seit Jahren eine beachtenswerte Effizienz bei der Lösung struktureller Probleme durch das Finden pragmatischer Lösungen", lobte Jacobs.

Immobilienmarkt schwankt, kollabiert aber nicht
Das zeigt sich auch beim Immobilienmarkt. Dort setzen die Kommunisten auf eine Art "Mikromanagement" in den zahlreichen chinesischen Regionen und Städten und geben je nach Notwendigkeit Gas oder steigen auf die Bremse, um einerseits die zahlreichen chinesischen Immobilienmärkte gesamthaft betrachtet nicht zu überhitzen, andererseits diese auch nicht einstürzen zu lassen. "China hat zahlreiche Instrumente, um die Immobilienmärkte zu beherrschen", erklärte Jacob und erinnerte daran, dass es seit vielen Jahren Warnungen vor dem Platzen einer Immobilienblase in China gebe, die in Folge die Weltwirtschaft massiv belasten würden. Bislang sei aber trotz aller Unkenrufe nichts geschehen. Jacob verwies dabei auf die USA, in der es keine kommunistischen Lenkungsmaßnahmen gab und gibt, sodass eine Kombination von individueller Gier und willigen Kreditgebern zu einer Immobilienblase führte, die bekanntlich ab 2007 platzte. "In China war und ist dies anders, dort regiert der Staat mit eiserner Hand." (aa)