Bob Michele, Chief Investment Officer von J.P. Morgan Asset Management, warnt, dass der US-Dollar den Weg für die nächsten Marktverwerfungen ebnen könnte. Eine durch den Dollar ausgelöste Marktkrise sei zwar nicht sein Basisszenario, aber ein Restrisiko, das er genau beobachte, wie er in einem Interview mit "Bloomberg" sagte.

Das mögliche Schreckensszenario könnte Michele zufolge folgendermaßen ablaufen: Ausländer haben auf Dollar lautende Vermögenswerte gekauft, weil sie höhere Renditen, Sicherheit und bessere Gewinnaussichten als die meisten Märkte versprechen. Ein großer Teil dieser Käufe wird über den Derivatemarkt in lokale Währungen wie den Euro und den Yen abgesichert. Mit anderen Worten: Der Dollar wird "geshortet". Wenn diese Kontrakte dann auslaufen, müssen die Anleger zahlen, wenn der Dollar steigt. Das bedeutet, dass sie möglicherweise Vermögenswerte an anderer Stelle verkaufen müssen, um den Verlust zu decken.

Flug durch die Windschutzscheibe
"Ich mache mir Sorgen, dass ein viel stärkerer Dollar einen großen Druck erzeugen wird, vor allem bei der Absicherung von Dollar-Vermögenswerten in lokalen Währungen", sagte Michele in dem Interview. "Wenn die Zentralbank auf die Bremse tritt, fliegt etwas durch die Windschutzscheibe. Die Finanzierungskosten sind gestiegen, und das wird zu Spannungen im System führen."

Der Markt habe wahrscheinlich bereits etwas von diesem Druck gespürt. Die Renditeaufschläge für Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating stiegen gegen Ende September um fast 20 Basispunkte. Dies falle mit der Prolongierung vieler Währungsabsicherungen am Ende des dritten Quartals zusammen und sei möglicherweise nur "die Spitze eines Eisbergs", so Michele. (Bloomberg/jb)