In diesem Monat wurden zwei Arbeiten veröffentlicht, in denen der Chatbot mit künstlicher Intelligenz für marktrelevante Aufgaben eingesetzt wurde. In der einen ging es darum, zu entschlüsseln, ob die Aussagen der US-Notenbank im Falken- oder im Taubenlager verortet waren. In der anderen ging es darum, festzustellen, ob Schlagzeilen gut oder schlecht für eine Aktie waren. ChatGPT meisterte beide Tests mit Bravour. Dies signalisiert potenziell große Fortschritte bei der Nutzung von Technologie zur Umwandlung großer Textmengen aus Nachrichtenartikeln, Tweets und Reden in Handelssignale.

"Einer der seltenen Fälle, in denen der Hype echt ist"
Etwas völlig Neues ist so etwas für die Wall Street nicht. Quants verwenden seit Langem Sprachmodelle, wie sie dem Chatbot zugrunde liegen, um die verschiedensten Handelsstrategien zu entwickeln. Die Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass die von OpenAI entwickelte Technologie ein neues Niveau erreicht, was die Analyse von Nuancen und Kontext angeht. "Dies ist einer der seltenen Fälle, in denen der Hype echt ist", sagte Slavi Marinov, Leiter der Abteilung für maschinelles Lernen bei Man AHL. Der Spezialist für datenbasierte Anlagestrategien nutzt seit Jahren Technologien, die natürliche Sprache umfassen, unter anderem zur Verwendung von Texten wie Mitschriften von Unternehmenstelefonkonferenzen und Reddit-Posts.

ChatGPT schlägt Googles BERT
In der ersten Arbeit mit dem Titel "Can ChatGPT Decipher Fedspeak?" fanden zwei Forscher der Fed selbst heraus, dass ChatGPT dem Menschen am nächsten kommt, wenn es darum geht herauszufinden, ob die Aussagen der Zentralbank "dovish" oder "hawkish" sind. Anne Lundgaard Hansen und Sophia Kazinnik von der Richmond Fed zeigten, dass der Chatbot von OpenAI ein häufig verwendetes Modell von Google namens BERT schlägt – und Klassifizierungen auf der Grundlage von Wörterbüchern ebenfalls.

In der zweiten Studie, "Can ChatGPT Forecast Stock Price Movements? Return Predictability and Large Language Models" (Renditevorhersage und große Sprachmodelle), ließen Alejandro Lopez-Lira und Yuehua Tang von der University of Florida ChatGPT agieren, als wäre der Bot ein Finanzexperte, um Schlagzeilen zu Unternehmen zu interpretieren. Sie verwendeten Nachrichten nach Ende 2021, einem Zeitraum, der in den Trainingsdaten des Chatbots nicht enthalten war.

Die Studie ergab, dass die von ChatGPT gegebenen Antworten einen statistischen Zusammenhang mit den nachfolgenden Aktienbewegungen aufwiesen. Dies spricht dafür, dass der Bot in der Lage war, die Auswirkungen der Nachrichten richtig zu analysieren. (mb/Bloomberg)