Carmen Reinhart ist Professorin an der Harvard University's Kennedy School of Government und zählt zu den meistzitierten Wirtschaftswissenschaftlern weltweit. Sie publizierte unter anderem gemeinsam mit ihrem Harvard-Kollegen Kenneth Rogoff kurz nach Ausbruch der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2010 ein aufsehenerregendes Standardwerk zur Geschichte ausufernder Staatsschulden (deutscher Titel: "Dieses Mal ist alles anders – acht Jahrhunderte Finanzkrisen"). Lesen Sie im Anschluss ihren Original-Kommentar.


Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hat nun ihre Haushaltsplanungen für das Haushaltjahr 2018 veröffentlicht. Zu den in dem Dokument mit dem Titel America First – A Budget Blueprint to Make America Great Again (America First – ein Haushaltsentwurf, um Amerika wieder groß zu machen) enthaltenen Details gehören Prognosen zur voraussichtlichen Entwicklung der Bruttoschulden der US-Bundesregierung als Anteil vom BIP, die einen Rückgang von ihrem aktuellen Niveau von rund 106 auf etwa 80 Prozent im Jahr 2027 zeigen. Die Schulden der Bevölkerung sollen diese Entwicklung widerspiegeln und im selben Zeitraum von 77 auf 60 Prozent zurückgehen.

Leider ist keine dieser Prognosen glaubwürdig.

Ein nachhaltiger, deutlicher Rückgang der Staatsverschuldung (im Vergleich zum BIP) wäre eine willkommene Nachricht für diejenigen unter uns, die höhere Schulden mit jener Art fiskalischer Anfälligkeit gleichsetzen, die eine Regierung in ihrer Fähigkeit zur Bewältigung negativer Erschütterungen beschränkt. Doch wie viele Kritiker angemerkt haben, scheinen die dem günstigen Szenario der Trump-Regierung zugrundeliegenden wirtschaftlichen Annahmen unwahrscheinlich. Tatsächlich widersprechen sie sich zudem noch.

Der Trump-Haushalt geht von einer Phase stetigen BIP-Wachstums von drei Prozent aus, was nicht zu den vorherrschenden Trends einer sich abschwächenden Produktivitätsentwicklung, eines sich verlangsamenden Bevölkerungswachstums und einer deutlich verringerten Erwerbsquote zu passen scheint. Diese Faktoren spiegeln sich sämtlich in den jüngsten Abwärtskorrekturen des potenziellen BIP-Wachstums durch Einrichtungen wie der US Federal Reserve und dem Congressional Budget Office (CBO) wider.

Eine neue Untersuchung des unparteiischen Committee for a Responsible Budget enthält eine Sicht der Defizite und Schulden der USA, die sich von jener im Entwurf Trumps deutlich unterscheidet. Die Untersuchung geht davon aus, dass bei Zugrundelegung der realistischen wirtschaftlichen Annahmen des CBO die Verschuldung im Rahmen von Trumps Haushaltsentwurf in etwa auf ihrem derzeitigen Stand bleiben würde, statt schrittweise zu sinken (da die Defizite bei über zwei Prozent vom BIP verharren würden, statt bis 2027 zu verschwinden). Darüber hinaus zeigt die Untersuchung, dass, wenn man sich auf stärker mit den wirtschaftlichen Konsensprognosen im Einklang stehende Annahmen stützt, dies ein Defizit von 1,7 bis vier Prozent vom BIP bis 2027 impliziert, zusammen mit einer Verschuldung von 72 bis 83 Prozent vom BIP.

Bisher konzentriert sich der Chor der Kritik weitgehend auf die optimistischen Prognosen der Trump-Regierung für das BIP-Wachstum. Doch lassen Sie uns, um den Gedanken einmal durchzuspielen, annehmen, dass die US-Wirtschaft sich aufgrund verschiedener steuerlicher und sonstiger Ineffizienzen klar innerhalb der Grenzen ihrer Produktionsmöglichkeiten entwickelt und dass sich das Wachstum durch Beseitigung oder weitgehende Verringerung dieser Verzerrungen deutlich ankurbeln ließe. (Eine aktuelle Untersuchung des IWF kommt beispielsweise zu dem Schluss, dass Länder ihre Produktivität steigern können, indem sie das Design ihrer Steuersysteme verbessern, und dass eine Beseitigung derartiger Hemmnisse ihre jährlichen BIP-Wachstumsraten über 20 Jahre um im Schnitt rund einen Prozentpunkt erhöhen würde.)

Doch selbst wenn man der Regierung trotz aller Zweifel zugesteht, dass ein nachhaltiges BIP-Wachstum von drei Prozent in den USA möglich ist, beruhen die vom Office of Management and Budget (OMB) vorgelegten rosigen Defizit- und Schuldenprojektionen noch auf einer zweiten Gruppe fragwürdiger Annahmen, nämlich solchen zum erwarteten Zinsniveau und -verlauf. Um das Offensichtliche einmal auszusprechen: Niedrigere Zinssätze implizieren niedrigere Kosten für den Schuldendienst, was seinerseits niedrigere nicht diskretionäre Ausgaben, geringere Defizite und weniger Schulden bedeutet.

Oberflächlich betrachtet stimmen die Projektionen für die kurz- und langfristigen (zehnjährigen) Zinsen im Haushalt für 2018 mit den vorherrschenden Blue-Chip-Prognosen im Einklang. Tatsächlich geht der Haushalt für das Haushaltsjahr 2018 von geringfügig höheren kurzfristigen Zinsen aus als die Konsensprognose.

Tatsächlich jedoch legt der Haushaltsentwurf die beste aller Welten zugrunde und nicht die der Blue-Chip-Projektion, bei der die Zinssätze niedrig bleiben, aber das BIP-Wachstum mit rund zwei Prozent daherzottelt. Bei realen (inflationsbereinigten) Zinssätzen, die in Nähe ihrer Rekordtiefststände verharren, wäre ein deutlicher Anstieg des langfristigen Wachstums eine historische Anomalie.

Das OMB-Dokument geht davon aus, dass der real Zinssatz für dreimonatige Schatzanleihen im gesamten kommenden Jahrzehnt bei unter ein Prozent verharrt. Darüber hinaus verschwindet in dieser Projektion der Aufschlag für höhere Laufzeiten fast völlig. Gegenwärtig bieten zehnjährige Schatzanleihen eine mehr als dreimal so hohe Rendite wie dreimonatige Schatzanleihen. Auf mittlere Dauer geht der Haushaltsentwurf davon aus, dass die zehnjährigen Zinssätze nur knapp über den dreimonatigen Zinssätzen liegen werden. Historisch werden derart flache Renditekurven mit knappem Geld und einer Hochzinspolitik in Verbindung gebracht.

Welche Art von Politik und Umfeld kann deutlich höhere Wachstums- und Inflationsraten liefern, aber ohne jeden Druck auf die Zinssätze?

Eine Kombination von solidem Wachstum und nachhaltig niedrigen realen Zinssätzen war in den USA von den 1940er- bis zu den 1970er-Jahren weitgehend die Norm, als (wie ich an anderer Stelle gezeigt habe) aufgrund hochgradig regulierter Kapitalmärkte und einer Notenbank, die eine lockere Geldpolitik betrieb, eine Finanzrepression herrschte.

Im Gegensatz dazu wäre, wenn man die Geschichte als Anhaltspunkt nimmt, ein durch finanzielle Deregulierung (ein beliebtes Thema Trumps) und eine unabhängige, sich potenziell mit Vollbeschäftigung und einer wirtschaftlichen Überhitzung konfrontiert sehende Notenbank charakterisierter Policy-Mix ein Vorbote hoher Zinsen. Und mit höheren Zinssätzen kommen höhere (angesichts des aktuellen Verschuldungsniveaus deutlich höhere) Belastungen durch den Schuldendienst, höhere Defizite und eine höhere Verschuldung.

Es scheint ein ernster interner Widerspruch innerhalb des in Trumps Haushaltsplan für 2018 enthaltenen Szenarios hohen Wachstums und niedriger realer Zinssätze vorzuliegen. Und sollte dies nicht der Fall sein, werden die Finanzmärkte anders als von der Regierung öffentlich erklärt in den kommenden Jahren mit einer hohen Dosis an Finanzrepressionen leben müssen. (mb)

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